Meine Frau muss eine Kontrollfahrt machen, bevor man ihren tschechischen Führerausweis umschreibt. Die Deutschen oder die Slowenen in der Schweiz müssen das nicht. Da ist doch etwas faul.» Vladimir G. aus Zürich ärgert sich über ein Merkblatt, das ihm das Zürcher Strassenverkehrsamt zugestellt hat. Darin steht, dass EU-Angehörige und Bürger von EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) ihren nationalen Führerausweis innert eines Jahres ohne Formalitäten in einen schweizerischen Ausweis umschreiben lassen können. Bürger aus anderen Staaten aber müssten vorgängig eine «Kontrollfahrt» absolvieren.

Das stört Vladimir G. gewaltig: «Stellen Sie sich vor, Sie erwischen beim Prüfungstermin einen schlechten Tag oder einen schlecht gelaunten Experten. Dann ist es aus, ein für allemal – egal, wie gut oder schlecht Sie Auto fahren.» In der Tat: Wer die Kontrollfahrt nicht besteht, muss ganz von vorn beginnen, mit einem weissen L auf blauem Grund am Heck, mit einem Lernfahrausweis sowie mit theoretischer und praktischer Führerprüfung. Genau wie ein Neulenker.

Dass Automobilisten aus dem EU- und dem EFTA-Raum von der Kontrollfahrt befreit sind, mag Vladimir G. noch akzeptieren. Aber dass es eine Liste von zusätzlichen Staaten gibt, deren Lenker ebenfalls keine Kontrollfahrt absolvieren müssen, will er nicht schlucken: «Wissen Sie, ich habe unzählige Male in Bern herumtelefoniert. Doch niemand kann mir sagen, warum gewisse Staaten auf der Liste aufgeführt sind und andere nicht.»

Ein Blick auf diese Liste zeigt Erstaunliches: 14 Staaten, von Andorra bis zu den USA, sind darauf verzeichnet. Fahren Tschechen denn schlechter als Ungaren? Oder Lenkerinnen aus Marokko besser als jene aus Polen? «Nein», lacht Stefan Ritter, stellvertretender Leiter Führerprüfungen beim Zürcher Strassenverkehrsamt, «damit hat es nichts zu tun.» Die Schweiz erlasse einfach Fahrzeuglenkern aus jenen Ländern die Kontrollfahrt, in denen die Behörden ähnliche Anforderungen stellten wie in der Schweiz.

Daniel Regamey vom Bundesamt für Strassen sagt, dass der Bund die Führerprüfungen in diesen Ländern teils selbst vor Ort überprüfe, teils anhand eines Fragenkatalogs mit den schweizerischen Anforderungen vergleiche. Zusätzlich gelte in der Regel das Prinzip der Gegenseitigkeit: «Bei jenen ausländischen Staaten, die die Schweizer Ausweise formlos umschreiben, halten wir es ebenso.» Eine Ausnahme bilden die USA. Während die Schweiz alle amerikanischen Ausweise ohne Kontrollfahrt umschreibt, ist dies umgekehrt zurzeit lediglich in den US-Bundesstaaten Massachusetts und Louisiana der Fall. Mit anderen Worten: Ein Schweizer, der in Los Angeles Wohnsitz nimmt, muss dort mit einem Prüfexperten eine Führerprüfung ablegen, während ein US-Bürger in der Schweiz das «Billett» ohne zusätzliche Prüfung erhält.

Diese Fahrten sind – je nach Fahrkünsten des Bewerbers – mal leichter, mal anspruchsvoller. Genau wie im Ausland auch. «In Florida zum Beispiel», weiss Daniel Regamey, «reicht unter Umständen eine kurze Fahrt ums Hotel, um festzustellen, ob der Chauffeur einigermassen geradeaus fahren kann.»

Gefälschte Führerausweise
Bis 1994 war das alles viel einfacher: Jeder ausländische Führerausweis wurde automatisch umgeschrieben. Doch mit der Krise auf dem Balkan seien die Behörden auf ein neues Problem aufmerksam geworden, erinnert sich Regamey: «Viele Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die in die Schweiz kamen, hatten ihre Identitätspapiere verloren, aber einen Führerausweis mit dabei.» Diesen konnten sie jeweils problemlos umtauschen: «Auch Flüchtlinge ohne Wohnsitz und abgewiesene Asylbewerber hatten Anspruch auf einen schweizerischen Führerausweis.» Wurden sie bei einer Kontrolle im Ausland angehalten, seien sie automatisch als «in der Schweiz gemeldete Personen» registriert und zurückgeschickt worden.

Erst bei genauerer Prüfung stellten die Behörden dann fest, dass viele der ausländischen Führerausweise gefälscht waren, manche Inhaber mithin ein Auto kaum steuern konnten. Daniel Regamey: «Deshalb mussten wir die Bedingungen verschärfen.»