«Engadiner Post»/«Posta Ladina», 12. Januar 2023

«Das Bundesamt stellte fest, dass Oberhalbstein und Schamserberg nicht mehr romanisch sind.»

Das ist Korsisch, behauptet der Onlineübersetzer. No, no, Google. Der eingetippte Text ist romanisch – die dritte Amtssprache Graubündens und seit 1938 die vierte Schweizer Landessprache.

Gut 40'000 Leute sind des Romanischen mächtig. Sie teilen sich eine Schriftsprache, fünf Dialekte, einen Radio- und einen TV-Sender sowie die neue Website Try.rumants.ch.

Die soll Texte aus dem Romanischen ins Deutsche oder Französische übertragen. Bei «mo per hosps» klappt das bereits: «nur für Gäste». Bei «Apfel» weniger: Die gelieferte Übersetzung «piz a cup» heisst «zersplittert».

Immer mal wieder befragt das Bundesamt für Statistik das Bündner Volk, in welcher Sprache es sich hauptsächlich unterhalte. So auch letztes Jahr.

Kaum war der Rehpfeffer zu Weihnachten verdaut, stiess den Leuten in Romanisch-Bünden die Kunde auf, in Oberhalbstein und Schamserberg ziehe die Mehrheit Deutsch dem Romanischen vor. Also müsse man sie zur Deutschschweiz zählen.

«Seid nicht so empfindlich!»

Der Protest kam flott. Die Gemeinde Oberhalbstein (romanisch: Surses) und der romanische Dachverband Lia Rumantscha wiesen darauf hin, in Surses hätten 50,6 Prozent Romanisch als Hauptsprache angegeben, aber auch 61,2 Prozent Deutsch. Des Rätsels Lösung: Man konnte bis zu drei «Hauptsprachen» nennen.

Oberhalbstein und Schamserberg sind Verwaltungskonstrukte aus Orten wie Marmorera, Mathon oder Tinizong. Graubünden verliert viele Junge ans Unterland, auch romanischsprechende. Dank ihnen ist Zürich die grösste romanische Stadt.

Die «Engadiner Post» wusste Rat. «Nun seid nicht so empfindlich!», rief sie aus. Erstens habe der Kanton Graubünden bei den Sprachen das Sagen und nicht «Bern». Und zweitens habe der Befund der Berner keinerlei politische Wirkung.

Zudem heisst die Gefahr sowieso nicht «Bern», sondern spricht die Sprache von Google. Englisch. Da hilft es wenig, dass die Lia Rumantscha die fünf romanischen Dialekte mit dem Genderstern garniert und Bücher von «divers*as autur*as» anbietet. Doch wie schrieb die «Engadiner Post»? Damaja, na esser massa sensibel!

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