Liebe Leserinnen und Leser

Viktor ist aus meinem Leben verschwunden. Exakt am 13. April 2014. Wir machten eine Schifffahrt bei schönstem Wetter. Picknick, stundenlang reden, Wein trinken – wie wir es oft taten als Freunde. Wir wussten, dass wir uns wegen einer Auslandsreise eine Weile nicht sehen würden. Aber nur er wusste, wie endgültig es sein sollte.

Seitdem blieben alle Nachrichten unbeantwortet. Nach ein paar Tagen machte ich mir Sorgen, nach ein paar Wochen hatte ich Angst. Seine Freunde reagierten seltsam, als ich nach ihm fragte. Irgendwann erfuhr ich, dass Viktor längst wohlbehalten zurück war. Nur mich wollte er nicht mehr in seinem Leben. Was ich erlebte, nennt man Ghosting. Wortloser, unvermittelter Kontaktabbruch. Und ich bin damit nicht allein.

Die Geschichte der Woche

Unsere Autorin Caroline Freigang spürt dem Phänomen der Unverbindlichkeit in unserer Gesellschaft nach. 

«Das Thema beschäftigt mich schon länger: In meinem Umfeld befinden sich viele Quiet Quitter, die mit ihren Jobs hadern. Freunde finden sich in Situationships wieder. Einladungen werden zur Lotterie: Plötzlich kommen alle ​​– oder niemand. Darunter leiden alle, sie machen aber auch mit, ich inklusive. Mich interessierte, was dahintersteckt. Und ob es sich überhaupt lohnt, sich gegen die Unverbindlichkeit aufzulehnen.» – Caroline Freigang

 

Ausserdem

Die Bekanntschaft oder den Flirt vom Wochenende ghosten ist schon unschön. Aber den Arbeitgeber? Innere Kündigung: Ich geh dann mal um fünf nach Hause. Jetzt lesen (mit Abo).

Andere wiederum sind schon fast zu zuverlässig. Sie wollen auch arbeiten, wenn sie krank sind. Und fragen sich: Darf ich? Unser Tool weiss die Antwort. «Hesch gwüsst?»: Krank zur Arbeit gehen? Jetzt lesen.

Der Vermietung hingegen kann man auf Dauer nicht aus dem Weg gehen. Diese Einsicht haben grad viele. Die Präsidentin der Schlichtungsbehörde Luzern ordnet ein. Miet-Schlichtungsstellen überlastet: «Die Emotionen gehen hoch.» Jetzt lesen (mit Abo).

Die Neuigkeiten aus der Redaktion

Wie jedes Jahr verleiht der Beobachter auch 2024 wieder den Prix Courage an inspirierende Menschen, die durch unerschrockenes Handeln und mutige Taten beeindrucken. (Und manchmal sogar für andere ihr Leben aufs Spiel setzen.)

Wer verdient dieses Jahr den Preis? Sagen Sie es uns!

Der Beobachter ghostet alte Kontakte nicht ...

... er pflegt sie. Wir haben vier Familien wiederbesucht, die wir vor 14 Jahren porträtiert hatten. Was hat sich verändert? Hier können Sie sie kennenlernen.
 
So viel für den Moment. Wir werden Sie auch kommende Woche nicht ghosten – versprochen.