Beat Handschin, die Stiftung SOS Beobachter finanziert auch mal ein ÖV-Abo für einen Hund. Kennen Sie andere Hilfswerke, die so etwas machen?
Es gibt wohl nicht viele, wenn überhaupt. Solche Formen der Unterstützung sind sicher unkonventionell, aber eben auch flexibel und unbürokratisch – und das zeichnet unsere Stiftung aus. Bei Tiago Santiago und seinem Hund Jerry liegt keine Notlage vor, die auf den ersten Blick ersichtlich ist. Aber Hilfe lässt sich auch auf Umwegen leisten. Deshalb versuchen wir immer, genauer hinzuschauen. Hier war klar: Wenn sein Tier bei ihm ist, geht es auch dem Menschen gut.


«Genau hinschauen» heisst in der Konsequenz: jeden Fall individuell prüfen. Kann SOS Beobachter das leisten, ohne sich zu verzetteln?
Armut in der Schweiz zeigt sich auf verschiedene Arten und ist oft versteckt. Deshalb prüfen wir tatsächlich jeden Fall einzeln. Bei jährlich rund 2500 Unterstützungsgesuchen ist es schon eine Herausforderung, mit diesem Ansatz eine klare Linie zu behalten. Damit dies gelingt, braucht es ein Team, das fachlich topfit ist. Das haben wir zum Glück.


Welche Grundsätze sind nicht diskutierbar, wenn es darum geht, Beiträge zu gewähren?
Das Prinzip der Subsidiarität, das ist auch in unseren Statuten so festgehalten. Das heisst: Wir helfen, wenn sonst niemand hilft. Aber nicht, wenn jemand anders für eine Leistung aufkommen muss, etwa die Sozialhilfe oder eine Versicherung. Wir fragen uns auch immer, ob die Hilfe nachhaltig ist. Kann eine Unterstützung den Weg ebnen für eine Lösung über den Moment hinaus? Oder ist sie nur ein Tropfen auf den heissen Stein?


Jemand ist in Not und braucht finanzielle Hilfe – und Sie müssen Nein sagen. Wie schwierig ist das?
Es gehört einfach dazu. Natürlich, es fällt nie leicht, Menschen enttäuschen zu müssen, die in einer Notlage sind. Deshalb ist es uns auch wichtig, sie nicht einfach im Regen stehen zu lassen. Bei Absagen teilen wir den Leuten mit, welche Rechte sie haben, an welche Stelle sie sich wenden müssen. Aber als Hilfswerk sind wir ja nicht nur den Gesuchstellern verpflichtet, sondern auch den Spenderinnen und Spendern. Die müssen sich darauf verlassen können, dass wir mit ihrem Geld seriös umgehen. Dieses Business ist Vertrauenssache.


Sie sind neu Geschäftsführer einer Organisation, für die Sie schon seit fünf Jahren tätig sind. Ein Vorteil?
Eindeutig. Ich habe in dieser Zeit den ganzen Zyklus kennengelernt vom Marketing für die Spendengenerierung bis hin zur Verwendung dieser Gelder. Dazu kommt die eingespielte Vernetzung mit den juristischen Fachleuten vom Beratungszentrum des Beobachters, die für unsere Arbeit zentral ist. Ich glaube, ich darf sagen: Ich weiss, an welchem Hebel ich ziehen muss.

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