Kein Mensch käme auf die Idee, Floristen nach dem Valentinstag mit Staatsgeldern zu unterstützen, damit sie die unverkauften Rosen doch noch loswerden. Denn das ist das Risiko beim Handel: Mal ist die Nachfrage hoch, dann wieder tief. Wer besser mit solchen Schwankungen umgehen kann, hat mehr Erfolg.

Bei den Eiern ist das anders. Hier greift der Staat den Produzenten unter die Arme, wenn sie nach Ostern zu viele Eier produzieren. Dafür sind die sogenannten Marktentlastungsmassnahmen da. Sie kosten den Bund knapp zwei Millionen Franken pro Jahr. 

Und so gehts

Herr und Frau Schweizer essen an Ostern mehr Eier als sonst. Deshalb braucht es im Vorfeld mehr Legehennen. Kaum ist Ostern vorbei, geht die Nachfrage nach Eiern stark zurück. Die Hennen aber legen munter weiter. Also schlachten die Eierproduzenten zuerst die alten Legehennen. Dann nehmen sie die Eier vom Markt. 

Das geschieht in einer sogenannten Aufschlagaktion. Der Bund zahlt dabei für jedes aufgeschlagene Ei 9 Rappen. Eiweiss und Eigelb werden getrennt zu verschiedenen Eiprodukten verarbeitet. So muss die Lebensmittelindustrie weniger billige ausländische Eier aus Käfig- und Bodenhaltung importieren. 

Im Sommer folgt eine zweite Aufschlagaktion, später finanziert der Bund noch eine Verbilligungsaktion. Die Eier werden dann im Laden zum Aktionspreis verkauft, die Differenz zum Originalpreis finanziert der Bund.

Letztes Jahr wurden im Rahmen der Aufschlagaktion nach Ostern 6,8 Millionen Eier verarbeitet, in der zweiten Aktion im Sommer erneut gut 10 Millionen. Das kostete den Steuerzahler 1,5 Millionen Franken. Die Verbilligung schlägt nochmals mit fast einer halben Million zu Buche. Für jedes in dieser Aktion verkaufte Ei bezahlt der Bund eine Differenz von 5 Rappen. 
 

16,8

Millionen überschüssige Eier wurden im letzten Jahr nach Ostern verarbeitet.

«Einer Henne kann man nicht einfach sagen, sie soll keine Eier mehr produzieren», sagt Edith Nüssli von Gallo Suisse, der Vereinigung der Eierproduzenten. «Diese Marktentlastungen sind ein Ausgleich für die Tatsache, dass die landwirtschaftliche Produktion von Naturgesetzen bestimmt wird. Die Landwirte können ihre Produktion nicht so schnell anpassen wie die Industrie.» Das sei vergleichbar mit der Schlechtwetterentschädigung im Baugewerbe.

Eingefädelt wird der Deal direkt zwischen dem Bundesamt für Landwirtschaft, den Produzenten und den Händlern. Natürlich hat alles seine Richtigkeit und ist gesetzlich geregelt. An den gemeinsamen Treffen, auf Beamtendeutsch Anhörung, diskutiert die Eierbranche mit den Berner Beamten über die Höhe der Marktentlastung. 

Anschliessend wird der Entscheid, wie viele Eier der Aufschlagaktion zugeführt werden, im Handelsamtsblatt publiziert, und die Produzenten können ein Anmeldeformular ausfüllen. Ob ein Ei tatsächlich aufgeschlagen wurde, teilt der Antragsteller per Selbstdeklaration mit.

«Deklassierte» Eier

Eine andere Massnahme, um überschüssige Eier nach Ostern loszuwerden: Zwischen 10 und 20 Prozent Freilandeier werden zu billigen Bodenhaltungseiern «deklassiert» und dann zu Tiefpreisen verkauft. 

Und noch ein Trick: Die Eier werden gekocht, gefärbt und gehen als sogenannte Picknick- und Salateier in die Läden. Frische Eier müssen 21 Tage nach dem Legen verkauft sein – obwohl sie länger haltbar wären. Gekochte und gefärbte Eier sind ganz offiziell länger haltbar. Denn die aufgetragene Farbe wirkt konservierend.

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Otto Hostettler, Redaktor
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