Stefan Weiss* würde gern tun, was alle Mieter mit dem Mietzinsdepot tun: vergessen, bis er umzieht. Wäre da nicht der Kontoauszug, der ihm bescheinigt, dass sein Vermieter die Kaution zur falschen Bank gebracht hat.

2940 Franken, das Doppelte einer Monatsmiete, hat Weiss vor anderthalb Jahren vor dem Einzug in seine Wohnung in Buchrain LU seinem Vermieter überwiesen, als Sicherheit für allfällige Mietzinsrückstände und mögliche Schäden bei einem Auszug. Sein Vermieter legte das Geld wie gesetzlich vorgesehen auf einem Sperrkonto an.

Dumm für Weiss: Der Vermieter wählte dafür die Zuger Kantonalbank. Die verzinst solche Guthaben mit bloss 0,1 Prozent. Auf anderen Sparkonti gewährt sie 0,25 bis 0,625 Prozent. 0,1 Prozent Verzinsung sind auch unverschämt wenig im Vergleich mit anderen Geldinstituten. Nur die Thurgauer Kantonalbank ist knausrig wie die Zuger und verrechnet erst noch bei Kontoeröffnung eine Gebühr von 50 Franken. Alle anderen angefragten Banken geben auf Mietzinsdepot-Konti 0,25 bis 0,5 Prozent Zins.

Für einzelne Mieter geht es bei diesen generell tiefen Zinssätzen um ein paar Franken pro Jahr, für die Banken insgesamt aber um Dutzende Millionen. Pascal Niquille, Chef der Zuger Kantonalbank, behauptet: «Für uns ist das kein lukratives Geschäft. Der Aufwand, den wir bei der Auflösung dieser Konti betreiben müssen, ist deutlich grösser als bei anderen Sparkonti.»

Rechtlich wehren kann sich Weiss nicht, denn der Vermieter darf sagen, wo die Kaution angelegt wird. Weiss suchte darum das Gespräch mit der Verwaltung. Doch die winkte ab. «Die anderen Banken zahlen doch auch nicht mehr», hiess es. Das ist zwar falsch, zeigt aber die Unlust der Vermieter, sich mehr Arbeit aufzuhalsen. Ein gutes Mietkautionskonto aus Vermietersicht ist eines, das möglichst nichts zu tun gibt – bis es gebraucht wird, etwa wenn der Mieter Schäden verursacht. Für den Mieter das Beste wäre aber ein Konto, das möglichst viel Zinsen abwirft, bis man den Betrag nach dem Auszug zurückerhält.

Das günstigere Modell will keiner haben

Einen Ausweg aus diesem Dilemma zeigte vor zehn Jahren eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen. Eine zentrale «Mietzinsdepot-Genossenschaft» könnte die Kautionsgelder kostengünstiger verwalten und zudem – wenn sie in sichere Wertschriften angelegt werden – eine deutlich höhere Rendite erzielen. Bleibt Mieter Weiss’ Geld bei der Zuger Kantonalbank, erhält er in 30 Jahren gerade mal 90 Franken Zinsen; mit der Genossenschaft wären es, je nach Berechnungsmodell, zwischen 4196 und 8071 Franken.

Eine gute Idee also und erst noch eine lukrative, auch für die Volkswirtschaft. Der Verwaltungsaufwand könnte um 13 Millionen jährlich gesenkt, die Rendite aller Depots zusammen um 50 Millionen pro Jahr erhöht werden, rechnet die Studie vor.

Trotzdem ist das 1999 erstellte Papier sang- und klanglos in einer Schublade verschwunden, räumt Cipriano Alvarez ein. Der Leiter der Abteilung Recht des Bundesamts für Wohnungswesen erklärt: «Die politische Resonanz war leider verschwindend klein, und es hat auch kein privater Anbieter dieses Modell aufgegriffen.»

Selbst Mieterverband-Geschäftsleiterin Regula Mühlebach, die berufshalber eine solche Depot-Genossenschaft für eine gute Sache halten muss, kann sich für die Idee nicht recht erwärmen. Der Mieterverband habe sich beraten lassen, ob er selber eine solche Genossenschaft gründen solle, sagt sie. «Aber das ist sowohl juristisch wie versicherungstechnisch heikel.»

Immerhin skizziert sie einen Ausweg: Man dürfe die Kaution auch als Wertschriftendepot statt auf einem Sparkonto anlegen. «Und das verspricht längerfristig eine bessere Rendite.» Dumm nur: Auch das geht nicht ohne Einverständnis der Vermieter. Und wie klein deren Interesse daran ist, zeigt der Fall von Stefan Weiss.

* Name geändert