Geschichten aus der Nachbarschaft

Nachbarinnen und Nachbarn erleichtern unser Leben, helfen, wenn das Salz ausgeht, tragen schwere Einkaufstaschen die Treppen hoch. Oder aber sie machen uns die Hölle heiss, beklagen sich über ein nicht ordnungsgemäss angebrachtes Schuhgestell, schimpfen über lautes Kinderlachen, petzen bei der Verwaltung. 

Nachbarschaft ist ein soziales Phänomen, das zwar alle kennen, aber ganz unterschiedlich aufgefasst wird. Über die Feiertage erzählen Angehörige der Beobachter-Redaktion, was sie mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn erlebt haben.

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In unserem kleinen Dorf ist Nachbarschaftshilfe zum Glück noch gang und gäbe. Deshalb war es für mich selbstverständlich, dass ich einer Nachbarin während ihrer Reise zu den Nordlichtern aufs Haus schaute.

Da sie viel und gerne unterwegs sind, ist das Haus recht pflegeleicht eingerichtet. Ein bisschen Wasser geben und den Rasenmäherroboter beaufsichtigen. Der hat nämlich einen Hang zur Dramaqueen und schickt ihr sonst einen Hilferuf aufs Handy, wenn er wieder die Stufe unter der Baumhütte nicht schafft. Alles kein Problem, das schaffe ich.

Nach zwei Tagen kam von ihr eine Nachricht, dass sie mitbekommen hat, dass es in der Gemeinde einen geplanten Stromausfall gibt. Ihre Solaranlage mag das offenbar nicht und muss dann jeweils manuell neu gestartet werden. Ob ich das bitte erledigen könnte. Natürlich, die Anleitung, wie das geht, kam schliesslich auch per Whatsapp.

Kann ja nicht so schwierig sein. Durchs Haus in die Garage gehen, den grossen Schlüssel holen, dann die Treppe runter zur Eingangstüre und man steht direkt vor dem Sicherungskasten. Also gut, rein in die Garage, zurück ins Haus, Treppe runter in den Keller, dort hängt der grosse Sicherungskasten. Aber wo zum Teufel passt denn jetzt dieser grosse Schlüssel rein? Grosse Ratlosigkeit.

Alle Türen im Keller öffnen, kein anderer Sicherungskasten. Also gut, fangen wir nochmals ganz von vorne an. Eingangstüre, Treppe. Ah, es hat ja auch vor der Eingangstüre noch eine Treppe. Also drei Stufen. Aber bitte, wenn man dem Treppe sagen will. Da ist an der Aussenwand ein kleiner Sicherungskasten und wer hätte es gedacht? Da passt der Schlüssel.

Kasten auf, Schalter umgelegt, die Anlage produziert wieder Strom und kann der drohenden Strommangellage entgegenwirken. Easy. Und aus der original schwedischen Gewürzmischung als Dankeschön lassen sich superfeine Zimtschnecken backen. Jederzeit gerne wieder!

Welcher Nachbarschaftstyp sind Sie?

Die Distanzierten (47 Prozent der Bevölkerung)

Ihnen sind Abstand, Diskretion und Unabhängigkeit wichtig, sie möchten weder gestört werden noch jemandem zurLast fallen. Im Notfall sind sie aber zur Stelle. Und ab und zu schätzen sie auch zweckorientierte Treffen.

Die Inspirationssuchenden (30 Prozent)

Für sie stehen Toleranz und anregende Begegnungen im Vordergrund. Inspirationssuchende schätzen kollektive, sinnerfüllte Aktionen und Vielfalt und suchen den Blick überden eigenen Tellerrand hinaus.

Die Beziehungspflegerinnen und -pfleger (14 Prozent)

Sie wünschen sich ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis in einer homogenen, harmonischen Nachbarschaft. Sie legen Wert auf enge Kontakte, Gemeinschaftsaktivitäten und gegenseitige Unterstützung im Alltag.

Die Wertorientierten (9 Prozent)

Sie möchten unter Leuten leben, die ähnliche Ansichten teilen. Statt enger Beziehungen wünschen sich Wertorientierte respektvolle Distanz und einen rücksichtsvollen Umgang miteinander. Sie sind hilfsbereit. Im Alltag reicht ihnen ein gelegentlicher Austausch im Treppenhaus.

Quelle: «Hallo Nachbar:in. Die grosse Schweizer Nachbarschaftsstudie» des Gottlieb-Duttweiler-Instituts, August 2022. Um die Studie einzusehen, hier klicken.