Verena Gerber arbeitet beim Kanton Bern als Klassenhilfe in Kindergärten und Schulen und verdient 28 Franken netto pro Stunde. Die Krankenkassenrechnungen für sich und ihre Tochter kann sie aber nicht mehr bezahlen, denn ihr Lohn wird kaum je pünktlich ausgezahlt. «Die Lohnbuchhaltung hat mich immer wieder vertröstet», sagt sie.

Den Lohn für Anfang Dezember erhielt sie im März, zwei Monate zu spät. Weil sie Angst um ihren Job hat, haben wir ihren Namen geändert.

«Es kommt vor, dass Entschädigungen für Klassenhilfen mit grösserer Verzögerung in Abrechnung gebracht werden», bestätigt der Kanton auf Anfrage. Mehrere Klassenhilfen seien daher in «existenzielle Bedrängnisse» geraten. Man habe Betroffenen eine «Überbrückung bis zur nächsten ordentlichen Gehaltszahlung» ausgezahlt, so der Sprecher.

Wie viele Angestellte betroffen sind, ist unklar. Es seien Einzelfälle, so der Kanton. Aber nicht allen bietet er von sich aus einen Lohnvorschuss an. Gerber wusste nichts davon. Die zuständige Abteilung für Personaldienstleistungen habe ihr das am Telefon nie angeboten, obwohl sie mehrmals angerufen und von ihrer Not erzählt habe.

Wie viele Klassenassistenzen es gibt, weiss der Kanton nicht. Die Gewerkschaft der bernischen Lehrpersonen spricht von einer steigenden Zahl. Angesichts des Lehrpersonenmangels habe der Kanton Bern die Klassenhilfen ausgebaut, weil es hier einfacher ist, Personal zu gewinnen.

Alles analog

Grund für das Lohnchaos ist unter anderem die fehlende Digitalisierung. Die Stundenabrechnungen werden von Hand auf Papier erfasst. Jeder Schulleiter muss die Stundenblätter der Klassenhilfen per Post dem Schulinspektor senden – und er weiter an den Kanton. Mehrfach kam es zu Verzögerungen, weil die Stundenzettel zu spät ankamen oder verlorengingen. Nun erprobt der Kanton ein digitales Formular. Es soll im Mai Standard werden – ab dann sollten alle Löhne am zehnten Tag des Folgemonats auf dem Konto sein.

Das hofft auch Verena Gerber. «Dass der Kanton Bern sich solch verspätete Lohnauszahlungen leisten kann, hätte ich nicht für möglich gehalten. Der Lohn ist kein Sackgeld für mich, ich muss damit Rechnungen bezahlen.»