Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) scheint unbelehrbar. Als hätte es den Fichenskandal der 1980er-Jahre nicht gegeben, sammelte der Schweizer Geheimdienst in den letzten Jahren unter Direktor Jean-Philippe Gaudin bergeweise Daten von unverdächtigen Parteien, Organisationen und Politikern. Aufgedeckt haben das die «Republik» und «SRF Investigativ».

Die Beschaffung und Bearbeitung von «Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit in der Schweiz» wurde 2007 mit dem Gesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit verboten. Auch das 2017 erlassene Nachrichtendienstgesetz hält fest, dass derlei Datensammlungen nicht erlaubt sind.

Die erhobenen Daten, etwa von den Grünen Schweiz, wurden laut «Republik» gar in sicherheitsrelevanten Datenbanken abgelegt – was nur rechtens wäre, wenn die politische Tätigkeit als Deckmantel für Terrorismus diente 2020 hielt die Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte in ihrem damaligen Bericht über den NDB fest, dass «die Mehrheit der Zeitungsartikel und Meldungen von Nachrichtenagenturen sowie die Texte von Internetseiten, welche beim Nachrichtendienst ediert wurden, vom Dienst weder hätten beschafft noch bearbeitet werden dürfen».

Unübersehbare Datenmengen

In den Jahren 1900 bis 1990 hatte der Schweizer Staatsschutz 900’000 Fichen über 700’000 Personen und Organisationen angelegt. Ziel waren ab Mitte des Jahrhunderts – geprägt vom Kalten Krieg – vor allem links stehende Politiker und Mitglieder von Gewerkschaften. Auch in den letzten Jahren kamen enorme Datenmengen zusammen. Zum Zeitpunkt des Berichts der Geschäftsprüfungsdelegation sollen es 7,7 Millionen Dokumente gewesen sein.

Betroffen sind etwa über ihre Dachorganisation auch rund 60 Jugendorganisationen wie die Pfadi – die bekanntlich nicht gerade als Terroristenbrutstätte berüchtigt ist.

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