Andreas Meiers Problem ist sein Allerweltsname. Tel.search.ch listet 224 Treffer – und das sind nur öffentliche Einträge im Telefonregister. Den meisten Namensvettern wird er nie begegnen. Doch einer macht ihm seit Jahren Probleme. Er hat am selben Tag Geburtstag – und hat Schulden. 

Zur ersten Verwechslung kam es 2008. Meier wollte ein neues Handyabo lösen, doch die Swisscom lehnte ab. Seine finanzielle Situation lasse keinen Vertrag zu. Meier ging von einem Fehler aus. Doch dann verweigerte Manor die Kundenkarte, bei Fust konnte er nicht mehr auf Rechnung bestellen. Einmal wurde er sogar am Zoll aufgehalten. «Ich verstand die Welt nicht mehr!» Bis er an Deltavista verwiesen wurde.

Deltavista ist eine Wirtschaftsauskunftei. Sie wurde 2011 von der Crif AG übernommen. Solche Firmen beliefern Vertragspartner mit wirtschaftsrelevanten Informationen über Privatpersonen. Dazu gehören öffentliche Angaben wie Wohnadresse, Telefonnummer oder Geburtstag. Aber auch private Infos zum Zahlungsverhalten: Betreibungen, Verlustscheine und Inkassoverfahren. «Diese Daten werden von rund 500 verschiedenen Unternehmen eingeliefert und aktualisiert», heisst es bei der Crif. Für Detailhändler, Versicherungen und Banken sind sie wertvoll – schliesslich wollen sie wissen, ob ihre Kundschaft zahlungsfähig ist. 

Überraschende Einträge

Nur: Die Datenbanken sind voller Fehler. 2009 stellte Meier erstmals ein Auskunftsbegehren bei Deltavista. «Da waren Inkassoverfahren aufgelistet, von denen ich noch nie gehört hatte.» Als Beweis für seine weisse Weste schickte er der Auskunftei seinen Auszug aus dem Betreibungsregister. 

Deltavista versprach, den Fehler zu beheben.

Doch bald hatte Meier wieder Probleme, seine Beschwerden liefen ins Leere. Irgendwann gewöhnte er sich an, Firmen vorab zu informieren – mal erfolgreich, meist ohne Reaktion. Über zehn Jahre war er genervt, dann brachten falsche Mahnungen eines Inkassobüros das Fass zum Überlaufen. Im April 2021 beschwerte er sich erneut. 

Die Crif versprach, den Fehler zu beheben.

Das Verantwortungs-Pingpong

Ein Jahr darauf lehnten Swisscard und die Migros-Bank einen Kreditkartenantrag ab. Beide arbeiten mit der Crif zusammen. Für korrekte Daten sei die Wirtschaftsauskunftei verantwortlich, schreiben die Firmen auf Anfrage. Doch von da wird die Verantwortung weitergereicht: «Wir arbeiten mit verschiedenen Inkassopartnern zusammen und gehen davon aus, dass deren Informationen stimmen.» Und die Inkassobüros? Genau: Die verweisen weiter an die Crif.

«Ja was denn nun?», will Andreas Meier wissen.

Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) klärt auf: Die Auskunfteien seien zwar für korrekte Personendaten zuständig. Ganz abschieben können Banken und Co. die Verantwortung aber nicht: «Sobald ein Vertragspartner von falschen Zahlungsdaten weiss, darf er sich nicht mehr ohne weiteres auf die Bonitätsauskunft der Wirtschaftsauskunftei stützen.» Er müsse die neuen Infos prüfen und seine Daten korrigieren.

In Meiers Fall rät der EDÖB, auch andere Wirtschaftsauskunfteien über die Verwechslung zu informieren. Sie müssen das Nötige vorkehren, damit in Zukunft keine Verwechslungen mehr stattfinden. Wenn das alles nichts nützt, bleibe die Möglichkeit einer Zivilklage. «Eine Wirtschaftsauskunftei kann für eine Verwechslung haften, sofern die betroffene Person einen finanziellen Schaden hat.» Nur sei es oft schwierig, einen solchen nachzuweisen.

Auf Anfrage des Beobachters bestätigte die Crif, dass es seit der letzten Löschung im April 2021 erneut zu falschen Einträgen gekommen sei. Das Problem sei nun aber behoben – einmal mehr. Die Migros-Bank entschuldigte sich bei Meier und ermunterte ihn, eine neue Karte zu beantragen.

Ein paar Tage darauf wurde der Antrag abgelehnt. 

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