Haben Sie sich schon mal einen Marathon angeguckt? Oder sind vielleicht selbst schon mal ein Rennen mitgelaufen, einen 10 km-Lauf vielleicht, oder einen Halbmarathon..? Ihnen ist dann bestimmt aufgefallen, dass die meisten Läufer - insbesondere die im vorderen Drittel - alle unfassbar dünn sind. Nicht einfach schlank. Richtig aerodynamisch dünn sind die - mit ganz schmalen Schultern, dünnen Taillen und so.

Ob sie gute Läufer wurden, weil sie anatomisch dafür prädestiniert waren oder quasi in Zeitraffer-Evolution durchs Laufen diese Figur bekamen, wer weiss? Eins jedenfalls steht fest: In diesen sehnigen Joggerkörpern steckt kein einziges überflüssiges Gramm Fett!

Kein Wunder also, dass Joggen weithin als Abnehmsport Nummer 1 gilt. Tatsächlich baut man wohl mit keiner Ausdauersportart so umfassend Kilos ab wie mit dem Laufen. Ausserdem kann man es eigentlich überall und jederzeit machen. Man muss kein Fitnessabo abschliessen, die Grundausrüstung ist überschaubar und man braucht auch keinen Coach. Laufen kann man einfach, man muss es nur tun…

Laufe lieber langsam...?

Doch so populär Joggen für Abnehmwillige ist, so weit verbreitet sind auch ein paar Mythen rund ums Laufen:

1. Man verbraucht mehr Kalorien, wenn man langsam läuft.
Nee, man verbraucht zwar auch Kalorien, wenn mans gemächlich angehen lässt - was gerade für untrainierte Anfänger eine gute Nachricht ist - aber mit der Intensität des Trainings nimmt die Verwertung von Fettkalorien zu.

2. Beim Laufen verbrennt man erst nach etwa 30 Minuten Fett.
Stimmt so auch nicht. Zwar nimmt die Fettverbrennung deutlich zu, wenn die Kohlenhydratreserven aufgebraucht worden sind. Aber: Vom ersten Meter an werden neben Kohlenhydrate auch schon Fette verbraucht.

3. Kein Langstreckenlauf ohne einen grossen Teller Pasta.

Quatsch mit Tomatensauce! Gerade wer übers Laufen abnehmen will, sollte lieber auf nüchternen Magen laufen (das bietet sich natürlich eher für morgendliche Touren an) und/oder nach dem Lauf 1-2 Stunden mit dem Essen warten, damit der Körper noch schön «nachbrennen» kann. Die Pastaparty gehört zum Abendessen vor einem Marathonlauf – aber wer sich die 42 Kilometer zutraut, hat eh andere Probleme als Abnehmen.

Womit ich wieder bei meinen superdünnen Marathonläufern wäre. Mein Verdacht ist, dass diese Menschen nicht nur morgens statt des Frühstücks joggen gehen, sondern gleich abends noch einmal - und auch hier wieder das Abendessen canceln. Mit anderen Worten: diese Menschen leben nur von Luft und ... äh, Endorphinen.

Auf die Chemie kommt es an

Sind Läufer also die wahren Asketen der Moderne? Oder einfach nur getrieben von körpereigenen Opiaten, süchtig nach dem nächsten Runners High? Naja, uns Freizeitläufer muss das nicht von unseren hehren Vorsätzen abbringen. Wir werden wohl nicht so schnell zu kilometerfressenden Endorphin-Junkies mutieren. Aber weil schon bei moderaten Distanzen das «Glückshormon» Serotonin und andere Botenstoffe wie Dopamin und Adrenalin ausgeschüttet werden, ist man nach dem Lauf in der Regel deutlich zufriedener als vorher.

Dünn wird man vom Glücklichsein natürlich nicht, auch die mageren Langstreckenläufer sind wahrscheinlich nicht unbedingt alle die reinsten Spasskanonen. Die entscheidenden Abnehm-Ingredienzen im Chemiecocktail, der den dünnen Läufer von der dicken Couchkartoffel unterscheidet, haben mit den Dopamin und Endorphinen tatsächlich nichts zu tun. Die Hauptverdächtigen sind wohl zwei Hormone mit den putzigen Namen Ghrelin und Peptid YY. Beide spielen entscheidend in unser Hungergefühlswelt mit - und beide werden durch Ausdauertraining für mehrere Stunden gesenkt.

Nachschlag

Bevor hier der Eindruck entsteht, dass Joggen die alleinige und immer perfekte Allzweckwaffe gegen Übergewicht ist: Es gibt durchaus Situationen, in denen man die Laufschuhe lieber im Schrank lassen sollte. So sind bei deutlichem Übergewicht Radfahren, Walking und Schwimmen sicherlich gliederschonendere Alternativen, mit denen man sich langsam in Form bringen kann, bevor es raus auf die Laufstrecke geht.

Und: Bei Temperaturen unter -10 Grad sollte man ebenfalls lauftechnisch zurückstecken, weil die kalte, trockene Luft die Lunge schädigen kann. Und die Lunge – das werden Sie schnell merken – ist des Läufers bester Freund!