1. Wer kann zum Erben werden?

Erbe kann man auf zwei Arten werden: entweder als gesetzlicher Erbe, weil man zur Familie gehört – oder weil man von der verstorbenen Person in einem Testament oder Erbvertrag als Erbin eingesetzt wurde.

Für gesetzliche Erben gelten die Regeln der Stammesordnung (siehe Infografik und Erklärung unten), es sei denn, die verstorbene Person habe es im Testament oder Erbvertrag anders bestimmt.

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2. Was, wenn man nicht erben will?

Zur Erbin wird man automatisch. Wenn jemand, aus welchem Grund auch immer, nicht erben will, muss er selber aktiv werden. Innert dreier Monate nach Kenntnis des Erbfalls kann man das Erbe ausschlagen.

Diese Verzichtserklärung ist in der Regel gebührenpflichtig. Zuständig ist das Gericht oder eine andere Stelle am letzten Wohnsitz der verstorbenen Person. Die Gemeindeverwaltung weiss Bescheid.

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Mustervorlage «Erbe ausschlagen»

Befürchtet ein Erbe, mehr Schulden als Vermögen zu erben, kann man bei der zuständigen Behörde eine Erklärung zur Ausschlagung des Nachlasses einreichen. Beobachter-Abonnentinnen und ‑Abonnenten erhalten mit dem Musterbrief «Erbe ausschlagen» eine praktische Vorlage für diesen Fall.

3. Was, wenn mehrere erben?

Wenn eine verstorbene Person mindestens zwei Erben hat, entsteht zum Zeitpunkt des Todes automatisch eine Erbengemeinschaft – eine Zwangsgemeinschaft aus gesetzlichen und allfälligen eingesetzten Erbinnen und Erben. Alle zusammen sind verantwortlich für die Guthaben und solidarisch haftbar für Schulden des Verstorbenen.

Die Vermögenswerte der Verstorbenen gehören allen Erben gemeinsam. Sie müssen sich einstimmig einigen, wie sie das Vermögen aufteilen wollen – ausser der Verstorbene hat im Testament klare Teilungsvorschriften gemacht.

Wenn sich die Erben einigen können, ist die Erbengemeinschaft beendet, sobald alles physisch untereinander aufgeteilt oder ein schriftlicher Teilungsvertrag abgeschlossen ist. Falls keine einstimmige Abmachung über die Teilung möglich ist, bleibt die Gemeinschaft bestehen. Jedes Mitglied der Erbengemeinschaft kann aber jederzeit die zwangsweise Auflösung erzwingen – mit einer Teilungsklage beim Gericht. Dieser Notausstieg ist allerdings meist aufwendig und teuer.

Stammesordnung: Wer erbt in welcher Reihenfolge?

Grafische Darstellung, wer in welcher Reihenfolge erbt.

(Zum Vergrössern bitte Infografik anklicken)

Quelle: Anne Seeger und Andrea Klaiber
Erklärung zur Erbabfolge

Innerer Kreis: Erbberechtigt sind in erster Linie die Nachkommen in der Familie. Also die Kinder oder – falls diese vorher verstorben sind – die Enkel oder Urenkel. Das ist der erste Stamm.

Mittlerer Kreis: Nur wenn kein Nachkomme aus diesem innersten Kreis da ist, geht das Erbe an die Verwandten des elterlichen, zweiten Stammes. Wenn die Eltern bereits verstorben sind, erben die Geschwister beziehungsweise deren Nachkommen.

Äusserer Kreis: Wenn es auch aus dem elterlichen Stamm keine Erben gibt, geht der Nachlass an den dritten, grosselterlichen Stamm. Meist leben die Grosseltern nicht mehr. Dann geht das Erbe an Onkel und Tanten – falls sie verstorben sind, an ihre Nachkommen, also Cousins und Cousinen.

Falls es weder gesetzliche noch eingesetzte Erben gibt, fällt das Erbe an den Staat. Ehegatten oder eingetragene Partnerinnen nehmen eine Sonderstellung ein. Sie sind neben den Erben aus der Stammesordnung immer auch erbberechtigt. Und falls Verstorbene nur Angehörige aus dem dritten Stamm hinterlassen, erbt die Witwe respektive der Witwer allein.

Wenn ein gesetzlicher Erbe vor der Erblasserin verstorben ist, gilt als erste Regel das sogenannte Eintrittsprinzip: Der Erbteil geht an die Nachkommen des früher Verstorbenen. Falls dieser keine Nachkommen hinterlassen hat, greift Regel zwei: das Anwachsungsprinzip. Sein Erbteil geht an die Miterben der gleichen Stufe.

Ein runder Kuchen, der so aussieht wie eine Geldmünze, ist angeschnitten und ein Stück wird mit einem Tortenheber herausgenommen, daneben befindet sich ein Taschenrechner. Das Schweizer Erbrecht bestimmt, wer wie viel erbt und welche Personen mit einem Pflichtteil geschützt sind. Erfahren Sie im Erbrechner des Beobachters, wie hoch die Erbquote in Ihrem Fall ist.
Berechnen Sie Ihr Erbe
Wie lässt sich das Erbe verteilen? Welche Personen haben einen Pflichtteil? Mit dem kostenlosen Tool des Beobachters ermitteln Sie die Erbanteile.
Ein Testament für die Kinder schreiben?
Frage einer Leserin: Unsere Mutter ist Witwe und möchte, dass mein Bruder und ich je die Hälfte erben, wenn sie stirbt. Muss sie ein Testament verfassen?

Fallbeispiel: Wie kann es sein, dass die Cousine alles erbt?

Das Erbe eines 70-Jährigen geht komplett an die im Ausland lebende Cousine, zu der er praktisch nie Kontakt hatte. Warum ist das so?

Wegen der Stammesordnung: Sie legt fest, in welcher Reihenfolge Verwandte laut Gesetz erben, wenn es kein Testament gibt (siehe auch Infografik oben).

Die Stammesordnung zeigt, wer das Erbe antritt, wenn kein Testament vorhanden ist und einzig die Cousine des Erblassers übrig bleibt.

Der Erblasser war in diesem Fallbeispiel alleinstehend und kinderlos. Er hatte auch keine Geschwister, seine Eltern leben nicht mehr. Auch die Grosseltern und seine Tante (die Schwester seiner Mutter) sind verstorben. Es gibt nur noch deren Tochter – die Cousine des Erblassers. Demnach erbt sie alles.

Quelle: Andrea Klaiber und Anne Seeger

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 13.08.2024 veröffentlicht.

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Mustervorlagen «Erbteilungsvertrag»

Ist sich die Erbengemeinschaft darüber einig, wie sie den Nachlass teilen möchte, können die Erben dies in einem Vertrag schriftlich festhalten. Beobachter-Abonnentinnen und -Abonnenten finden hierzu praktische Mustervorlagen eines Erbteilungsvertrags für einfache und komplexe Verhältnisse.

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