Cari amici aus unserem südlichen Nachbarland, wir müssen über Kolonialismus reden. Genauer: über euren kulinarischen Kolonialismus. Denn was ihr der Welt in dieser Hinsicht angetan habt, geht auf kein Kuchenblech.

Ich bin in meinem Leben schon an einigen Orten vorbeigekommen. Und was findet man, ganz egal, ob man in Stavanger, Tallinn, Tirana oder Sydney etwas zu essen sucht? Exakt: eine Pizzeria. Und im Zweifelsfall nicht bloss eine, sondern gleich Dutzende. Kürzlich hat mir ein Freund erzählt, er sei in der ugandischen Hauptstadt Kampala in eine Pizzeria mitgeschleppt worden. In Kampala!

Nun mögt ihr argumentieren, cari amici, dass die Amis das ja mit ihrer McDonalds-Kultur auch machten. Stimmt. Aber da weiss man, was man zu erwarten hat: pampige Brötchen, zu stark gebratenes Fleisch und billiges Ketchup – das Original halt.

Aber wenn ich eine italienische Flagge sehe – und die sieht man bekanntlich an jeder Pizzeria –, dann will ich auch Italianità bekommen. Also: einen knusprigen, hauchdünnen Boden, frisch zubereitete Tomatensauce, Mozzarella di Bufala und alles, was dazugehört. Nicht drittklassigen Schmelzkäse auf einem salzigen Biskuitteig mit mitgebackener Rucola drauf.

Freundinnen und Freunde aus dem Süden, ihr habt den Irrsinn in die Welt gesetzt. Ich flehe euch an: Stoppt diesen kulinarischen Sündenfall! Wollt ihr wirklich, dass euer Land auf immer und ewig mit vor Fett triefenden Teigböden und Fertigtomatensaucen in Verbindung gebracht wird? Und wollt ihr wirklich, dass kulinarische Tiefflieger die Pizze in Kampala, Stavanger oder Reykjavík plötzlich besser finden als diejenigen in Neapel, Rom oder Bologna?

Eure Kolonien habt ihr einst (wenn auch nicht immer ganz freiwillig) in die Unabhängigkeit entlassen. Um die Welt vom Pizza-Kolonialismus zu befreien, wird es wohl mehr brauchen. Mein Vorschlag: Fordert unverschämte Franchisegebühren von jedem, der seinen Laden Pizzeria nennt! Schützt den Namen «Pizza» so, wie einst Frankreich seinen Champagner geschützt hat! Oder verklagt alle Pizzerien ausserhalb eurer Landesgrenzen vor dem Uno-(Lebensmittel-)Sicherheitsrat. Denn so, cari amici, kann es nicht weitergehen. Buon appetito.