Swissgenetics ist der grösste Produzent und Vermarkter von Rindersperma für die künstliche Besamung in der Schweiz. Hier werden Samen produziert, ohne dass eine Kuh involviert ist. René Bucher erzählt, was mit überschüssiger Ware geschieht und warum Lorbas P der Lieblingsstier seiner Kundschaft ist. Bucher ist gelernter Landwirt, Werbeberater und PR-Berater und seit 2009 Leiter Marketing/Unternehmenskommunikation bei der Genossenschaft.


Die Stiersamen im Swissgenetics-Katalog werden anhand unzähliger Merkmale wie Zitzenlänge vorn, Hinterbeinwinkelung, Beckenbreite, Futterverbrauch, Eignung für Biobetriebe oder Charakter bewertet. Kann man bei Ihnen Designerkälber bestellen?
René Bucher: Nein, natürlich nicht. Ein Nachkomme aus einer Paarung ist immer auch ein Zufallsprodukt der Natur. Durch die zufällige Kombination der Millionen von Genen gibt es mehrere Millionen von Möglichkeiten, wie ein Nachkomme aussieht. Aber natürlich versuchen Züchter, eine Herde von Tieren zu haben, die in den Betrieb passt und den gegebenen Umweltbedingungen und den Marktverhältnissen möglichst gut entspricht. Durch die richtige Zusammensetzung von Erbgut kann ein viel passenderes Tier entstehen als ohne Selektion.


Aber das Geschlecht lässt sich wählen?
Ja, das sogenannte Samensexing macht das möglich.


Und wie bereiten Sie den Samen auf, damit die Kälber ein bestimmtes Geschlecht haben?
Die Arbeit wird von einer US-Firma ausgeführt. Das geschieht maschinell mit einer sehr komplexen Technologie, in sogenannten Sortern. Darin werden die Spermien mit X-Chromosom von denen mit Y-Chromosom getrennt. Die Hochleistungssorter, von denen wir vier an unserem Hauptsitz in Mülligen haben, können pro Stunde ungefähr zehn gesexte Samendosen mit je rund zwei Millionen Spermien produzieren. Sie haben eine Trefferquote von über 90 Prozent.

René Bucher ist gelernter Landwirt, Werbeberater und PR-Berater und seit 2009 Leiter Marketing/ Unternehmenskommunikation bei Swissgenetics.

René Bucher ist gelernter Landwirt, Werbeberater und PR-Berater und seit 2009 Leiter Marketing/Unternehmenskommunikation bei Swissgenetics.

Quelle: PD

Wie gewinnen Sie den Samen?
Für unsere Stiere geht es ein- bis zweimal pro Woche zur Samengewinnung. Dabei besteigen sie in der Regel ein höhenverstellbares Phantom. Es imitiert für den Stier eine Kuh und sieht ein wenig aus wie das Böckli, das wir aus dem Turnen kennen. Das Ejakulat wird dann aufgefangen und verarbeitet.


Mit einer X-gesexten Dose kommt mit 90-prozentiger Sicherheit ein Weibchen zur Welt. Was, wenn es ein Stierli gibt? Erhalte ich mein Geld zurück?
Nein. Unsere Kunden wissen, dass eine Ungenauigkeit der Methode von rund zehn Prozent besteht.


Was kostet eine Portion? Und wie wird der Preis festgesetzt?
Der Preis wird anhand der Qualität des Stiers festgelegt. Eine konventionelle Dose gibt es schon ab 9 bis 40 Franken. Gesexte Samendosen sind rund 30 bis 40 Franken teurer.


Wem gehören die Stiere, deren Samen Swissgenetics vertreibt?
Ein grosser Teil gehört Swissgenetics. Per Ende Juni 2022, das sind die letzten offiziellen Zahlen, hatten wir 413 Stiere in unseren Ställen stehen. Zusätzlich importieren wir Samendosen, diese Stiere gehören natürlich nicht uns.

Delta-Lambda-Et ist ebenfalls ein Topstier bei Swiss­genetics. Er hat 11'908 Töchter. Seine Samendose kostet 89 Franken und ist gesext. Das bedeutet: Mit 91­-prozentiger Wahrscheinlichkeit kommt ein weib­liches Kalb zur Welt.

Delta-Lambda-Et ist ebenfalls ein Topstier bei Swissgenetics. Er hat 11'908 Töchter. Seine Samendose kostet 89 Franken und ist gesext. Das bedeutet: Mit 91-prozentiger Wahrscheinlichkeit kommt ein weibliches Kalb zur Welt.

Quelle: Frank Robinson, Swissgenetics

Wie heisst der Stier, dessen Samen bei den Bauern am beliebtesten ist?
Das kommt auf die Rasse an. Bei Swiss Fleckvieh ist Lorbas P. Er erfüllt viele Bedürfnisse unserer Kundschaft und vererbt zudem zu 50 Prozent natürlich hornlose Kälber.


2021/2022 wurden über 2,2 Millionen Portionen gewonnen. Knapp 832'000 Einheiten wurden in Schweizer und 600'000 in ausländische Kühe eingebracht. Was geschieht mit dem Überschuss?
Die im Angebot stehenden Samendosen müssen und wollen wir über längere Zeit anbieten können, vorausgesetzt, der Markt verlangt danach. Das erfordert eine grosse Lagerhaltung, was den grössten Teil der Differenz zwischen den produzierten Samendosen und den Besamungen erklärt.


In den letzten 15 Jahren ist der Absatz von Spermium um über zehn Prozent zurückgegangen. Wie kommt das?
Der Bestand an Milchkühen nimmt seit Jahren kontinuierlich leicht ab. Das drückt selbstverständlich auf unsere Verkaufszahlen. Ausserdem hat durch das Wachstum der Herdengrösse die Anzahl sogenannter Eigenbestandsbesamer zugenommen. Das sind Züchter, die selber besamen.