Beobachter: Frau Stutz, unter welchen psychischen Problemen leiden ältere, hilfsbedürftige Menschen häufig?
Irene Stutz: Viele leiden darunter, abhängig zu sein. Plötzlich sind sie nicht mehr diejenigen, die Unterstützung geben, sondern müssen Unterstützung annehmen Betreuung durch Angehörige «Wichtig ist, sich auch zu entlasten» . Das kann zu Depressionen, Suchtproblemen und anderen psychischen Erkrankungen führen.
 

Woran erkenne ich, ob jemand psychisch erkrankt ist?
Seien Sie wachsam und achten Sie auf Veränderungen im Verhalten. Hat die Person Tätigkeiten aufgegeben, die sie früher gern gemacht hat? Vermeidet sie soziale Kontakte, ist ihre Mimik reduziert, ist sie traurig und weint häufig? Ist sie unruhig oder lethargisch? Leidet sie unter Schlafstörungen? Die Symptome sind vielfältig und sehr individuell.
 

Was sollen Angehörige tun?
Es kommt darauf an, ob es sich um eine akute Krise oder einen latenten Zustand handelt. Im Fall einer akuten Krise sollten Sie sofort Hilfe holen. Wenn es sich um einen schleichenden Zustand handelt, hilft das persönliche Gespräch mit dem Ziel, gemeinsam einen Ausweg zu finden. Erklären Sie, dass es Hilfe gibt und psychische Krankheiten geheilt werden können. Ausserdem ist es ganz wichtig, dass Sie als Betreuungsperson Hilfe im Alter Wenn Kinder sich bei der Pflege übernehmen auch für sich Unterstützung und Beratung suchen.

«Nehmen Sie Ihre eigenen Grenzen wahr und respektieren Sie diese.»

Irene Stutz, SRK-Bildungsexpertin

Welche konkreten Hilfsangebote gibt es?
In der Akutsituation rufen Sie am besten die Ambulanz Erste Hilfe Leben retten – so reagieren Sie richtig . Informieren Sie unbedingt auch den Hausarzt oder die Hausärztin. Unterstützung und Beratung bei psychischen Problemen bieten Pro Mente Sana, die Dargebotene Hand 143, aber auch kantonale psychiatrische Dienste und Organisationen (siehe Box unten).
 

Was lernen betreuende Angehörige in Ihren Kursen?
Als Partnerorganisation von Pro Mente Sana bieten wir «Ensa – Erste Hilfe für psychische Gesundheit» an. Diese Kurse richten sich an alle. Wir vermitteln Grundwissen über verschiedene psychische Probleme und Krisen. Die Teilnehmenden lernen, diese zu erkennen und einzuschätzen. Aber Achtung: Die Kurse sind für Laien – überlassen Sie die Diagnose Fachpersonen.
 

Die Betreuung einer nahestehenden Person ist belastend. Wie schütze ich mich selbst?
Ein sorgfältiger Umgang mit sich ist wichtig. Nehmen Sie Ihre eigenen Grenzen wahr und respektieren Sie diese. Das kann auch bedeuten, Dinge zu tun, die Ihnen schwerfallen, beispielsweise Nein zu sagen oder Unterstützung anzunehmen.

An wen kann ich mich bei Überforderung wenden?
Buchtipp
Betreuung und Pflege im Alter – was ist möglich?
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Zur Person

Irene Stutz

Irene Stutz ist Bereichsleiterin Bildung beim Schweizerischen Roten Kreuz Thurgau.

Quelle: ZVG
Hinweis zu diesem Artikel

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit* mit dem Schweizerischen Roten Kreuz entstanden.

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK), gegründet 1866, ist die grösste humanitäre Organisation der Schweiz mit 53'000 Freiwilligen und 500'000 Mitgliedern und setzt sich für verletzliche und benachteiligte Menschen in der Schweiz und im Ausland ein. Zum SRK gehören 24 Rotkreuz-Kantonalverbände, vier Rettungsorganisationen und zwei Institutionen. Als vom Bund anerkannte, einzige nationale Rotkreuzgesellschaft ist das SRK Teil der weltweiten Rotkreuzbewegung.


* Zusammenarbeit bedeutet, dass ein finanzieller Beitrag an die Produktion des Buches und die Beiträge geleistet wurde. Für den journalistischen Inhalt ist allein die Redaktion verantwortlich.

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"Es ging einen Moment, bis ich realisiert habe, dass ich nicht nur Partner bin, sondern auch betreuende Person."
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