Fast 50 Millionen mit der Vogelgrippe angesteckte Geflügel wurden im Winter 2022 in Europa getötet. Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für Tier und Mensch? Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen.

Was ist die Vogelgrippe?

Aviäre Influenza, auch Vogelgrippe genannt, ist eine Viruserkrankung. Sie betrifft normalerweise Wildvögel, besonders Wasservögel, ist aber auch für Haus- und Nutzvögel hochansteckend. 

Die Viren treten in sogenannten gering- und hochpathogenen Varianten auf. Erstere verursachen bei Hausgeflügel nur milde Krankheitssymptome. Allerdings können sie spontan zu einer gefährlichen Variante mutieren – zur klassischen Geflügelpest, die bei Puten und Hühnern nahezu immer tödlich verläuft.

Frühere Formen des Virus traten 1996 erstmals in China auf. Die asiatische Geflügelhaltung habe den Influenzaviren neue Verbreitungswege ermöglicht – etwa mit lebendem Geflügel auf Märkten oder mit Massentierhaltung. Seitdem haben sich die Viren vor allem in Europa, Asien und Afrika ausgebreitet.

Wie gefährlich ist das Virus für andere Tiere und Menschen? 

Für viele Tiere wird das Virus aufgrund seiner Mutationen immer gefährlicher. Willem Van den Bossche von der Organisation Birdlife International sagte gegenüber dem SRF, dass sich das Virus in den letzten Jahren verändert und angepasst hat. Demnach springe es auch auf Arten über, die bislang immun waren, wie Wanderfalken, Geier und Kraniche. 

Selbst für Säugetiere kann das Virus gefährlich werden. Füchse, Marder, Otter und selbst ein Schwarzbär erlitten bereits einen tödlichen Krankheitsverlauf, sagte Virologe Timm Harder zum «Spiegel». Für Menschen besteht noch Entwarnung. Die Übertragung ist zwar möglich, aber selten. Das Risiko schwerer Krankheitsverläufe ist gering.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC rät Menschen mit Atemwegserkrankungen dennoch zu medizinischen Tests, wenn sie Kontakt zu infizierten Tieren gehabt haben könnten. Betroffen sind besonders Menschen, die berufsbedingt infizierten Vögeln ausgesetzt sind – etwa in Geflügelbetrieben.

Wie verbreitet ist die Vogelgrippe in der Schweiz? 

Die ECDC sprach für das Jahr 2022 von der schwersten jemals registrierten derartigen Epidemie in Europa. Die H5N1-Variante des Virus dominierte die Infektionswelle und sorgt für eine extrem hohe Mortalität. Von 2020 bis 2022 traten bei Wildvögeln in Europa mehr als 6000 Fälle von Vogelgrippe auf. In einem einzigen Winter mussten in über 2400 Betrieben fast 50 Millionen angesteckte Geflügel getötet werden.

Die Schweiz blieb derweil weitgehend vom Infektionsgeschehen verschont. «Zum einen ist es sicher Glück. Die Wildvögel schleppen das Virus selten in die Schweiz ein», sagt Doris Schneeberger, Sprecherin des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Zum anderen würden die Geflügelbetriebe die Sicherheitsmassnahmen gut befolgen – und jeglichen Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel verhindern. 

Ausserdem hat sich das Virus in den letzten Jahren vor allem unter Meeresvögeln ausgebreitet, etwa bei Basstölpeln und Brandseeschwalben. Damit beschränkte sich der Ausbruch auf die europäischen Küstenregionen und ist nicht bis in die Schweiz vorgedrungen. Durch die laufende Vogelwanderung sind weitere Fälle in der Schweiz jedoch möglich. Das BLV schätzt die Gefahr für eine ausbrechende Tierseuche in der Schweiz als mittel ein.

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Wie bleiben die Infektionszahlen in der Schweiz tief? 

Das Problem sind nicht die Schweizer Geflügelbetriebe, sondern eher die Hobbytierhalterinnen und -halter, die zahlenmässig stetig wachsen. Seit 2010 besteht eine Registrierungspflicht zur Haltung von Geflügeltieren wie Enten, Fasanen und Hühnern. Die Dunkelziffer sei jedoch gross, sagt die Zürcher Kantonstierärztin Regula Vogel gegenüber dem SRF. Vogel appelliert an alle Tierhaltungen, sich zu melden. Nur so könne die Seuchenbekämpfung gelingen. Die Futter- und Wasserstellen sollen zudem vor Wildvögeln geschützt werden.

Nicht nur Hobbytierhalter und -halterinnen können helfen. «Wer beim Spaziergang oder Joggen verendete Wildvögel sieht, darf diese nicht berühren», sagt BLV-Sprecherin Doris Schneeberger. Ferner solle man den Fall umgehend der Wildhut, Polizei oder dem Veterinäramt melden. 

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