Wer bezahlt die Psychotherapie?
Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Sitzungen? Welche Therapeutinnen sind anerkannt? Der Beobachter gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Veröffentlicht am 9. Oktober 2025 - 08:58 Uhr
Im Normalfall muss eine Ärztin die Sitzungen für eine Psychotherapie anordnen.
Wer eine Psychotherapie machen will, kann dafür bei der Hausärztin eine Anordnung holen und wählt dann den Therapeuten.
Bei diesem sogenannten Anordnungsmodell bezahlt die Krankenkasse die Sitzungen, wenn der Therapeut bestimmte Bedingungen erfüllt.
Der Beobachter gibt Antworten auf die häufigsten Fragen und erklärt, worauf Hilfesuchende achten müssen, damit die Krankenkasse die Kosten für die Therapie übernimmt.
Übersicht zum Ratgeber
1. Wann übernimmt die Grundversicherung die Kosten, und was bezahlt sie?
Wenn die Therapie von einer Ärztin angeordnet wurde, die bestimmte Qualifikationen hat. Dazu zählen etwa eidgenössische Weiterbildungstitel in Psychotherapie, Psychiatrie oder allgemeiner innerer Medizin.
Die Grundversicherung bezahlt die Diagnostik, die Koordinationsleistungen zwischen Arzt und Psychotherapeutin und die Sitzungen. Franchise und Selbstbehalt müssen Sie selbst bezahlen.
2. Wie viele Therapiesitzungen werden bezahlt?
Eine Ärztin oder ein Arzt kann im Normalfall 15 Sitzungen anordnen. Für weitere 15 Sitzungen braucht es einen Bericht der Psychotherapeutin.
Wenn nach 30 Sitzungen weitere Behandlungen nötig sind, muss der Arzt zuhanden der Krankenkasse einen Bericht schreiben, der auch die Einschätzung einer anerkannten Psychiaterin enthält. Die Krankenkasse kann daraufhin eine Kostengutsprache erteilen.
Die Therapeutin und die anordnende Ärztin haben die Pflicht, rechtzeitig darüber zu informieren, welche Leistungen die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt und welche nicht.
3. Wann bezahlt die Zusatzversicherung?
Grundsätzlich steht in den allgemeinen Versicherungsbedingungen, welche Leistungen bezahlt werden und welche nicht. Die Versicherer führen oft Listen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die sie anerkennen. Oft verlangt der Zusatzversicherer, dass die psychotherapeutische Leistung in der Grundversicherung zuerst beansprucht wird, bevor ein Anspruch über die Zusatzversicherung besteht.
Fragen Sie vor Beginn der Therapie bei der Zusatzversicherung nach, ob die Leistung der Therapeutin Ihrer Wahl bezahlt wird. Eventuell benötigen Sie eine ärztliche Anordnung. Am besten erkundigen Sie sich bei der Kasse per Chat oder E-Mail, dann können Sie die Antwort belegen beziehungsweise mit einem Screenshot nachweisen.
4. Mir geht es schlecht. Meine Hausärztin hat keinen speziellen Weiterbildungstitel. Muss ich nun eine andere Ärztin suchen?
Nein. Wer sich in einer Krise befindet, schwer erkrankt ist oder eine psychische Erkrankung diagnostiziert bekommen hat, kann zur Hausärztin gehen. Sie kann einmalig maximal zehn Sitzungen anordnen, auch ohne die erforderlichen Qualifikationen.
Wenn Sie weitere Sitzungen benötigen, dann müssen diese durch eine Ärztin mit Zusatzqualifikation angeordnet werden. Nach 10 «Notfallbehandlungen» und 20 regulär angeordneten Sitzungen benötigt man für weitere Anordnungen eine Kostengutsprache der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.
5. Meine Psychotherapeutin darf nicht im Anordnungsmodell arbeiten. Was nun?
Seit dem 1. Januar 2023 müssen alle Psychotherapeuten die Zulassungsvoraussetzungen der obligatorischen Krankenversicherung erfüllen, damit sie zahlt. Es gibt keine Ausnahmen. Auch nicht für die Therapeutinnen und Therapeuten, die bereits praktizieren, um klinische Praxis vorweisen zu können, aber ihre Weiterbildung am 1. Januar 2023 noch nicht abgeschlossen haben.
Lediglich ein paar wenige Kassen bezahlen deren Arbeit weiterhin. Falls Sie eine Zusatzversicherung haben, klären Sie ab, ob sie die Sitzungen bei der jetzigen Therapeutin künftig deckt. Ist das nicht der Fall, müssen Sie die Kosten selbst tragen. Oder die Therapeutin wechseln.
6. Was ist der Unterschied zwischen der psychologischen und der ärztlichen Psychotherapie?
Die ärztliche Psychotherapie wird von einer Ärztin mit einer anerkannten Weiterbildung in Psychotherapie durchgeführt, umgangssprachlich Psychiaterin genannt. Diese Leistung wird seit längerem von der obligatorischen Krankenkasse übernommen. Die psychologische Psychotherapie hingegen führt ein Psychologe durch, der eine anerkannte Weiterbildung in Psychotherapie vorweisen kann.
Im Internet wimmelt es von Angeboten für psychologische Beratung. In der Checkliste «Psychologische Beratung: Wann ist ein Anbieter seriös?» erhalten Beobachter-Abonnentinnen und ‑Abonnenten Tipps, worauf sie achten können.
7. Welche Psychotherapeutinnen sind von der Grundversicherung anerkannt?
Alle mit einem Masterstudium in Psychologie und einer vier- bis sechsjährigen Weiterbildung in Psychotherapie. Zudem braucht es mindestens drei Jahre Praxis und eine kantonale Berufsausübungsbewilligung.
8. Was tun, wenn ich Medikamente brauche?
Dann brauchen Sie eine Ärztin. Es muss nicht zwingend eine Psychiaterin sein. Aber besonders bei Psychopharmaka ist aktuelles, fundiertes Wissen wichtig.
Besprechen Sie mit Ihrer Ärztin den Nutzen und die Nebenwirkungen des Medikaments. Fragen Sie auch nach Wechselwirkungen mit anderen Substanzen, zum Beispiel mit Alkohol oder Schmerzmitteln.
Tipps: So finden Sie die richtige Psychotherapeutin
- Als Erstes ist es wichtig, die richtige Art der Psychotherapie zu finden. Erkundigen Sie sich bei Bekannten, bei Ihrem Arzt oder über Fachorganisationen zu den verschiedenen Ausrichtungen. Informationen finden Sie auch in Podcasts und Büchern.
- Die passende Therapeutin finden Sie über das Psychologieberuferegister des Bundes oder auf der Website der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen. Informieren Sie sich im Internet über die gefundene Person – entspricht die Therapieausrichtung Ihrer Vorstellung?
- Ein neutrales, breit gefächertes Beratungsangebot für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sowie deren Angehörige bietet Pro Mente Sana.
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