Seine erste Begegnung mit der Zürcher Stadtpolizei bleibt Andreas Zumbühl* in schlechter Erinnerung. Als er sein Velo bestieg, war es noch wie neu gekauft – also in Topzustand. Dachte Zumbühl. Doch die Polizisten, die ihn unterwegs anhielten, sahen das ganz anders: Die Vorderbremse und ein paar weitere Details wie Rückstrahler fehlten – sofort nachrüsten, hiess es. «Aber genau so habe ich das Velo beim Händler gekauft», war die verdutzte Reaktion des 35-Jährigen. Dennoch musste er sein Gefährt noch in derselben Woche zum Mechaniker bringen.

Was bei einem Velo nicht fehlen darf

Damit war die Sache ausgestanden – dachte Zumbühl. Aber nein: Einige Wochen später erhielt er einen Strafbefehl über total 485 Franken. «Dabei haben die Polizisten mit keinem Wort erwähnt, dass da noch etwas kommt.» So wird seine velotechnische Unterlassungssünde zu einem teuren Spass – an dem es rechtlich aber nichts auszusetzen gibt. Denn das Gesetz sieht eine minimale Ausrüstung vor. Und Bussen, wenn am Zweirad etwas fehlt.

Der Händler ist nicht schuld

Die Verantwortung für die Minimalausrüstung liegt beim Halter und lässt sich nicht delegieren. Wird ein Velo nicht ausdrücklich als vollständig und korrekt ausgerüstet verkauft, kann der Händler wegen fehlender Teile nicht in die Pflicht genommen werden. Sonst wären sogenannte Fixies kaum zum Trend der letzten Jahre geworden. Sie haben nur einen Gang und keinen Leerlauf. Beim Fixie gilt die Philosophie des Minimums: je weniger, umso besser.

Deshalb fehlt bei diesen Velos oft eine ganze Menge. Während einige Ausrüstungsmankos mit einer einfachen Ordnungsbusse geahndet werden können, ist etwa eine fehlende Bremse nicht auf der Ordnungsbussenliste aufgeführt und führt damit zu einem Strafverfahren.

Riskant: Unfall mit irregulärem Velo

Ein ungenügendes Bremssystem kostet beim ersten Mal etwa beim Stadtrichteramt Zürich 100 Franken Busse. Dazu kommen Verfahrenskosten von 165 Franken. Auch für Andreas Zumbühl setzte es wegen der Bremsen einen Strafbefehl statt einer Ordnungsbusse ab.

Noch viel unangenehmer und teurer könnte es werden, wenn ein Velo ohne vorschriftsgemässes Bremssystem in einen Unfall verwickelt wird. Dann wird die Versicherung nämlich unterstellen, die ungenügende Ausrüstung sei schuld. Schlimmstenfalls übernimmt sie dann gar nichts an den beim Unfall entstehenden Kosten.

*Name geändert

Wann Ordnungsbusse, wann Strafverfahren?

Kleinere Verstösse gegen das Strassenverkehrsrecht werden mit polizeilichen Ordnungsbussen geahndet. Bezahlt man sie innert 30 Tagen, kommen keine Verfahrenskosten dazu.

Ist die Zahlungsfrist ungenutzt abgelaufen, beginnt zwingend ein ordentliches Strafverfahren – mit entsprechenden Kostenfolgen im Fall einer Verurteilung.

In folgenden Fällen kommt es zum ordentlichen Verfahren, auch wenn es ausschliesslich um Übertretungen aus dem Ordnungsbussenkatalog geht:

  • Wenn der Lenker durch sein Verhalten Personen gefährdet oder verletzt oder Sachschaden verursacht hat.

  • Wenn die Übertretung nicht von einem Polizisten beobachtet oder durch eine automatische Überwachungsanlage («Blechpolizist») erfasst worden ist.

  • Bei Jugendlichen, die das 15. Altersjahr noch nicht vollendet haben.


Übertretungen, die nicht auf der Ordnungsbussenliste aufgeführt sind, führen automatisch zum Strafverfahren.

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