«Taten statt Worte» - Grossmundig preist Coop seine Bemühungen zum Thema Nachhaltigkeit an. 20'000 Tonnen Verpackungsmaterial will der Detailhändler seit 2012 reduziert oder ökologisch optimiert haben. So kommt der Bio-Stangensellerie seit neustem nackt daher – sprich, er liegt nur mit einem sogenannten Elastitag gekennzeichnet in der Auslage. Der Bio-Fenchel wird ohne Plastiktüte und dafür mit Sticker markiert verkauft.

Alles löblich – nur scheint der Detailhändler in punkto Verpackung bei einigen Bereichen ein Auge zuzudrücken. Beim Online-Handel, einem wachsenden Geschäftsfeld von Coop, herrscht ein regelrechter Verpackungswahn. Bestellungen bei Coop@Home werden zwar in Papiersäcken angeliefert, Zerbrechliches wird aber in Plastik eingewickelt. Einzelne Glasflaschen stecken in einer Plastikhalterung, in der deutlich mehr Flaschen Platz hätten. Sogar eingeschweisster Käse kriegt einen eigenen Papiersack mit Karton-Trennwänden.

Gemüse in Plastik

«Der Verpackungs- und Ressourcen-Verschleiss beim Online-Handel Online einkaufen oder im Laden Was ist umweltfreundlicher? ist enorm», sagt Greenpeace-Sprecher Yves Zenger. Auf Nachfrage erklärt Coop nur, die Reduktion von Plastik sei für den Detailhändler ein wichtiges Thema. Coop@Home prüfe derzeit umweltverträgliche Verpackungs-Alternativen und führe erste Tests durch. Was genau diese beinhalten, wird nicht erläutert.

Auch bei LeShop, dem Lebensmittel-Onlineshop des Konkurrenten Migros, betont man, Verpackungen würden so gestaltet, dass die Qualität speziell bei heiklen Produkten wie Früchten, Gemüse und Milchprodukten während des Transports garantiert werden könne. Der Plastikanteil werde dadurch reduziert, dass gewisse Produkte mit Kartoneinlagen geschützt sind, so LeShop-Chef Urs Schumacher. Doch kommen beispielsweise Milchprodukte zwar mit Karton Ökobilanz von Getränkeverpackungen Dose, Flasche oder doch Karton? geschützt, aber dann nochmal in Plastik umwickelt angeliefert. Gemüse ist in Plastik verpackt, Eier in Luftpolsterfolie.

So steht es um die Ökobilanz von Verpackungen

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Wie steht es um die Ökobilanz von Verpackungen? Nachhaltigkeitsexperte Fredy Dinkel klärt auf.
Quelle: Beobachter Bewegtbild
Mehrwegbehälter zurückgeben

Ein Stück weit muss sich wohl auch der Konsument an der Nase nehmen: Er bestellt immer mehr im Internet Online-Handel «Da kommt etwas Gewaltiges auf uns zu» und wünscht eine reibungslose Heimlieferung einwandfreier Ware. Der Aufschrei ist aber gross, wenn die Produkte nicht frisch oder mit einem Kratzer bei ihm zuhause ankommen.

Um das Problem zu lösen, schlägt Zenger von Greenpeace Mehrwegbehälter Die Weltverbesserer Zero Waste – Leben ohne Abfall vor, die Kunden immer wieder benutzen oder dem Zulieferer zurückgeben können. Eine erste Massnahme in diese Richtung hat Coop bereits ergriffen: Seit längerem werden Kartons eingesetzt, welche die Kunden bei der nächsten Lieferung an Coop@Home retournieren können. Rund die Hälfte der Kundschaft mache von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Auch die Migros verweist darauf, mit ihren Kühltaschen ein Mehrwegbehälterkonzept zu haben, welches sich «in den letzten 20 Jahren bewährt habe». Ob das ausreicht, um den Verpackungswahn im Online-Lebensmittelhandel zu stoppen, ist fraglich.

«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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