Am Montag verschickte Publibike Bikesharing Der Boom der Leihvelos ein brisantes Mail an seine Kunden. Darin hiess es: «Wir haben eine weitere gute Nachricht für dich. Ab jetzt kannst du bis zu fünf Velos gleichzeitig öffnen!» Allein, das war schon bislang der Fall. Neu ist lediglich, dass diese zusätzlichen Velos künftig stets verrechnet werden – und zwar unabhängig vom gewählten Abonnement.
 
Ein Rechenbeispiel: Eine fünfköpfige Familie mit einem Publibike-Monatsabo für 29 Franken fuhr in der Vergangenheit während der ersten halben Stunde gratis. Neu kostet sie dieser Ausflug 12.60 Franken mit fünf normalen Velos und sogar 22.10 Franken auf E-Bikes.

Publibike-Abo wird teurer

Die Publibike-Kunden liessen sich von der PR-Sprache des Mails nicht einseifen. In den sozialen Medien wütet seither ein kleiner Shitstorm gegen den Anbieter: «Die neuen Abos sind ein No-go!», «Veloförderung sieht anders aus!», «Mieser Move von Publibike!». Nutzer halten die neuen Tarife für eine «Mogelpackung» oder schlicht für eine «Frechheit».

Was ist da los? Publibike kommt einfach nicht in die Gänge. Im letzten Herbst kämpfte der Veloverleih mit technischen Problemen, Fahrräder liessen sich nicht entsperren, die Kundenzufriedenheit sank. Dazu wirft das Geschäftsmodell noch zu wenig Gewinn ab.

Deshalb passt Publibike nun seine Tarife an. Das Montasabo wird günstiger und kostet neu nur noch 9 statt 29 Franken. Dafür kostet nun jede Ausleihe bereits ab der ersten Minute. Das Jahresabo B-Fit verteuert sich von 60 auf 99 Franken. Bei diesem Modell gibt es für normale Velos keine Grundtaxe, dafür verdoppelt sich der Minutenpreis nach der ersten halben Stunde wie bei sämtlichen Abo-Modellen von 5 auf 10 Rappen.

Preiserhöhung auch wegen Vandalismus

In einer Medienmitteilung scheint Publibike die Kritik vorwegzunehmen: «Nach der Einführungsphase in den grossen Publibike-Netzen Bern und Zürich in den letzten zwei Jahren führt Publibike am dem 22. Juni ein branchenübliches Preismodell mit einem Grundtarif ein.» Diese Einführungsphase habe gezeigt, dass der Unterhalt der Stationen und Velos sowie die Verteillogistik sehr kostenintensiv seien. «Mit der Einführung eines Grundtarifs will Publibike die Einnahmen erhöhen.»

Vandalismus Versicherung Wer zahlt für Beschädigungen am Velo? sei mit ein Grund, weshalb Publibike künftig bei Mehrfachausleihen zur Kasse bittet, sagt Publibike-Sprecher Ben Küchler: «Dieser schadet nicht nur Publibike, sondern bestraft auch die ehrlichen Nutzer.» Mit der neuen Lösung würden Mehrfachausleihen möglich bleiben. «Für die Nutzung wird einfach ein Tarif verrechnet.»

Publibike will später Bilanz ziehen

Überhaupt: Gemäss Publibike waren Mehrfachausleihen eigentlich gar nie vorgesehen. Beim Launch des Systems im Jahr 2017 seien Mehrfachausleihen aus technischen Gründen erlaubt gewesen, sagt Küchler. «Es war aber nie angedacht, dass Kunden für zusätzliche Personen gleichzeitig Velos öffnen dürfen.»

Ob die Änderungen bereits zu Kündigungen geführt haben, kann Küchler nicht beantworten. Man werde erst in ein oder zwei Monaten einen Trend bei den Fahrten feststellen können. «Weiter gilt es zu bedenken, dass 50 Prozent unserer Kunden Geschäftskunden sind, für die sich nichts ändert. Mit Ausnahme der Kosten für die gleichzeitige Ausleihe von mehreren Velos.

Publibike: Die neuen und bisherigen Preise im Vergleich

Vergleich der bisherigen mit den neuen Preisen von Publibike.
Quelle: ZVG Publibike
«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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Peter Aeschlimann, Redaktor
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