Die Pakete kommen von Absendern wie Oshi, Nofibee, Vitasana und Naturaform. Der Inhalt: zum Beispiel zwei Tiegel Arganöl für 258 Franken, 60 Ampullen Gelée Royale für 230 Franken oder drei Dosen Omega-3-Tabletten für 382 Franken. Der Clou: Viele Sendungen wurden offensichtlich gar nie bestellt.

Verwirrung herrscht über den Absender. Die Pakete samt Rechnungen werden von mindestens zwei Postfachadressen – eine in St. Gallen und eine in Lausanne – verschickt. Doch es gibt keine Firmen mit den Namen Oshi, Nofibee oder Naturaform. Und die Firma Vitasana, die im Handelsregister eingetragen ist, hat nichts mit der Sache zu tun (siehe Beobachter-Artikel vom Juni 2020 Unbestellte Pakete für Senioren Die Päckli-Trickser ).

Auch bei Oshi kommt es leicht zu Verwechslungen: Weil das O grafisch gestaltet ist, entziffern viele den Firmennamen als SHI: ein homöopathisches Institut in Zug, das ebenfalls nichts mit den Sendungen zu tun hat.

Teure Sherpa-Salbe nützte nichts

Jeweils kurz vor der Zusendung ruft ein «Lucas», «Edward» oder ähnlich an. Auch bei der 80-jährigen Katharina Bosshard meldete sich letzten Frühling unvermittelt ein Herr von Oshi. Er versuchte, ihr Produkte zu verkaufen. Sie wollte nicht bestellen. Wenige Tage später hatte sie im Briefkasten zwei 200-Milliliter-Tuben «Sherpa-Balsam für schmerzhafte oder verspannte Bereiche» für 139 Franken.

Sie sandte alles zurück und verlangte, dass ihr Name von der Liste gestrichen werde. Trotzdem kam Ende Februar wieder ein Anruf. Bosshard vermutet, dass die Firma nicht lockerlässt, weil sie sich vor fünf Jahren von einer «Anita» zu einer Bestellung überreden liess. Gegen die Knieschmerzen half die teure Salbe nicht.

Mehrere Anrufe täglich von Telefonverkäufern

Bosshard ist bisher glimpflich davongekommen. Wer die Ware nicht bezahlt «Der gute Preis» Rechnungen auf unbestellte Ware , wird in vielen Fällen gemahnt oder erhält gar eine Betreibungsandrohung. Wenn man zahlt, fliesst das Geld auf Konten der eigentlichen Firmen hinter den Fantasienamen: Valdonatura Sàrl, Vitalpina Sàrl (beide in Préverenges VD), Sanafit Sàrl in Martigny VS und 4Well in La Tour-de-Peilz VD.

Die Firmen gehören den Waadtländern Rinaldo Rossi (Valdonatura und Vitalpina) und Joël Meunier (Sanafit und 4Well). Rossi ist ehemaliger Mitarbeiter von Meunier. Sie verkaufen teils identische Produkte. Doch heute hätten sie das Heu nicht mehr auf der gleichen Bühne, sagt Meunier. Die beiden sagen, man verschicke die Pakete nur, wenn die Leute es auch wünschten.

Das sehen die mehr als 40 meist älteren Personen anders, die beim Beobachter Rat gesucht haben. Obwohl sie darum baten, dass die aufdringlichen, teils frechen Telefonverkäufer sie nicht mehr kontaktieren, werden etliche von ständig wechselnden Nummern aus immer wieder angerufen, teils mehrmals täglich. Viele haben deutlich Nein zu den feilgebotenen Produkten gesagt.

Reklamationen sollen Einzelfälle sein

«Manchmal vergessen die älteren Leute, dass sie etwas bestellt haben», meint dazu Rinaldo Rossi. Bei den 20 Fällen, die seine Firmen betreffen, sei einem seiner 150 Mitarbeiter bedauerlicherweise ein Fehler unterlaufen. Bei 3000 verschickten Paketen pro Monat könne das passieren. Seine 70'000 Kundinnen und Kunden seien alle zufrieden.

Bei Joël Meunier klingt es ähnlich. Seine Leute telefonierten nicht das Telefonbuch ab, das sei ja verboten. «Die Angerufenen gehören zu unseren 150'000 Kunden und haben alle schon mal bei uns bestellt.» Wenn jemand nicht mehr kontaktiert werden wolle, vermerke man das im System. Warum das bei über 20 Personen in den letzten acht Jahren nicht klappte, kann er sich nicht erklären.

Beide beteuern, man könne Reklamationen jederzeit telefonisch oder per E-Mail melden. Bei den dem Beobachter gemeldeten Fällen liefen aber bei Meunier wie Rossi Anrufe oft ins Leere, auf E-Mails kam häufig keine Reaktion. Meunier sagt, es habe während der Pandemie teils technische Schwierigkeiten gegeben.

Unbestellte Ware muss man nicht bezahlen

Juristisch ist der Fall klar. «Wer Ware erhält, die er nicht bestellt hat TriMedia GmbH Und plötzlich hat man doch Druckerpatronen bestellt , ist nicht verpflichtet, sie zu retournieren oder gar zu bezahlen», sagt Nicole Müller vom Beobachter-Beratungszentrum. Beim Absender nachfragen und einen Beleg für die Bestellung verlangen muss nur, wer nicht sicher ist, ob er etwas bestellt hat. «Wenn man weiss, dass man nichts bestellt hat, kann man die Ware entweder entsorgen oder verbrauchen.»

Merkblatt und Mustervorlage «Unbestellte Zusendung» bei Guider

Haben Sie Ware erhalten, die Sie gar nie bestellt haben? Im Merkblatt «Unbestellte Zusendung» lesen Beobachter-Abonnenten, wie man sich wehren kann, wenn deswegen plötzlich Mahnungen verschickt werden. Die gleichnamige Mustervorlage zeigt überdies, wie man den Anbieter höflich und bestimmt auf die unbestellte Zusendung aufmerksam macht.

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