Klar sehen sie herziger aus. Weiss und hellblau statt schwarz. Aber dafür sind sie auch deftig teurer: Zehn Einwegrasierer der Migros-Marke «I am» für die Herren der Schöpfung kosten Fr. 3.95. Die Dame zahlt Fr. 2.50 – für fünf Stück.

Kein Einzelfall. Parfüm, Rasierschaum, Coiffeur, chemische Reinigung – Frauen zahlen mehr fürs Gleiche. Das Eau de Toilette «Night Dive» von Davidoff etwa kostet bei der Import-Parfumerie Fr. 54.90 für Herren, der Flakon enthält 50 Milliliter. Frauen zahlen für ihre 30 Milliliter Fr. 46.90. Haarschnitte für Damen sind regelmässig teurer, auch ohne Dauerwelle und Färben. Und es kostet meist mehr als doppelt so viel, eine Damenbluse reinigen zu lassen als ein Herrenhemd.

Offenbar sind die Frauen bereit, mehr für Schönheit und Körperpflege auszugeben. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, das simple Mantra des Kapitalismus. Frauenversionen sind in 42 Prozent der Fälle teurer als Herrenversionen. Das zeigt eine Studie des Department of Consumer Affairs in New York, die rund 800 Produkte verglich. Seit dieser Studie von 2015 existiert der Begriff der «Pink Tax» – ein oft versteckter Mehrpreis, den die Frauen unfreiwillig bezahlen.

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«Je mehr, desto teurer»

Der Bundesrat soll diese Preisunterschiede untersuchen und Ungleichheiten beseitigen, findet der Lausanner SP-Nationalrat Jean Christophe Schwaab. Er hat im Frühling 2016 ein entsprechendes Postulat eingereicht. Der Bundesrat antwortete in einer Stellungnahme, es sei nicht sicher, ob es die in der New Yorker Studie erwähnten Preisdifferenzen auch in der Schweiz gebe. Er verweist auf eine Untersuchung aus Frankreich. Sie zeige, dass es auch Produkte gibt, für die Männer mehr bezahlen als Frauen.

«Ich finde diese Aussage des Bundesrats stossend», sagt Jean Christophe Schwaab. «Er gibt zu, dass er nicht weiss, ob es in der Schweiz eine Pink Tax gibt. Er will dies aber nicht untersuchen.» Eine Pink Tax wäre «ein klarer Verstoss gegen die Bundesverfassung. Ich bin überzeugt, dass es bei uns eine Pink Tax gibt. Ich kenne ganz konkrete Beispiele.»

Der Preisüberwacher kann nichts tun

«Ich kann mir schon vorstellen, dass es auch Produkte gibt, für die Männer mehr bezahlen», sagt Sylvie Durrer, Direktorin des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann. «Allerdings glaube ich, dass es unter dem Strich doch deutlich mehr Bereiche gibt, wo der Preisunterschied zuungunsten der Frauen ausfällt.»

Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans findet geschlechtsspezifische Preisfestlegungen unschön. Es sei aber davon auszugehen, dass es sich grundsätzlich um Wettbewerbsmärkte handle, die sich dem Einflussbereich des Preisüberwachers entziehen.

Problematisch findet es Preisüberwacher Meierhans aber, wenn der Staat diskriminiere – wie beim Kleiderzoll: Auf Frauenkleidern werden höhere Zölle erhoben. Eine «vom Staat verursachte Pink Tax», sagt SP-Politiker Schwaab. 

«Der Kleiderzoll ist eine historisch gewachsene Ungerechtigkeit», erklärt Sylvie Durrer vom Gleichstellungsbüro. «Männerkleider waren früher schwerer als solche für Frauen. Darum reduzierte man die Stoffsteuer – damit Männer für ihre schweren Hosen und Jacken, die sie zur Arbeit brauchten, nicht diskriminiert wurden.» Vielleicht wäre es langsam Zeit, wenigstens diese Regelung aus den fünfziger Jahren zu überarbeiten.

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Raphael Brunner, Redaktor
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