Ein «Erfolg im Kampf gegen unerwünschte Werbeanrufe». So feierten Schweizer Konsumentenschützer unlängst die Absichtserklärung der Telekomfirmen Swisscom, Sunrise und Cablecom, solche Anrufe künftig zu sperren (der Beobachter berichtete).

Massnahmen sind dringend nötig: Fast 28'000 Beschwerden gingen 2015 wegen unerwünschter Werbeanrufe beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco ein, Tendenz steigend. Dies, obwohl im April 2012 der Sterncheneintrag eingeführt wurde, mit dem Kunden solche Anrufer abwehren können. Illegale Anrufe auf Nummern mit Sterneintrag sind aber auch für Auftraggeber ein Problem, weil sie Kunden verärgern und geschäftsschädigend sind. Dies musste auch der Beobachter trotz aller Vorsichtsmassnahmen vereinzelt feststellen.

Wenn ein Callcenter zu Werbezwecken dennoch anruft, kann es in der Theorie juristisch belangt werden. 2015 kamen auf 28 vom Seco eingereichte Strafklagen allerdings nur drei Verurteilungen.

Callcenter weichen aus

Der Hauptgrund: Viele Callcenter wandern ins Ausland ab, was die Strafverfolgung erschwert. Trotzdem können sie Schweizer Nummern nutzen, denn das Bundesamt für Kommunikation Bakom verleiht Schweizer Telefonnummern zu Zehntausenden ins Ausland. «Eine restriktivere Vergabe würde die Anzahl illegaler Werbeanrufe kaum reduzieren», sagt das Bakom. Callcenter würden einfach auf Methoden wie Spoofing ausweichen, bei dem eine andere Nummer angezeigt wird, als das Center tatsächlich verwendet. Zudem sei man an internationale Handelsabkommen gebunden und müsse Nummern ins Ausland abgeben.

Die Ankündigung der drei Festnetzanbieter ist nicht mehr als eine vage Absichtserklärung. Wie die Lösung technisch aussehen wird, ist ungewiss. Swisscom spricht von Netzanalysen, die so etwas wie Spamlisten erstellen, Cablecom kann dazu «noch nichts sagen», und Sunrise will nicht.

Drei Tipps, falls Sie mit Telefonanrufen belästigt werden

  1. Stern-Eintrag im Telefonbuch: Die wichtigste Massnahme gegen unerwünschte Werbeanrufe ist der Stern im Telefonbuch. Damit erklärt man, dass man keine Werbeanrufe wünscht. Wer ihn missachtet, macht sich strafbar.
    Sie können den Stern im Internet problemlos selber einrichten

  2. Beschwerde beim Seco: Wer trotz Sterneintrag Werbeanrufe erhält, sollte das dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco melden. Gleichzeitig sollten Sie die Nummer bei Ihrem Telefon-Anbieter sperren lassen.
    Hier können Sie das Seco informieren

  3. Es gibt verschiedene praktische Apps, mit denen sich unerwünschte Nummern auf ihrem Handy manuell sperren lassen.
    Tipp: Die App des Telefonverzeichnisses «Local.ch» (Android/iPhone) identifiziert automatisch einkommende Anrufe und gleicht diese mit dem Telefonbuch ab. So können auch Werbeanrufe einfacher blockiert werden.

Neben technischen Hindernissen legt auch das Gesetz den Telekomfirmen Steine in den Weg: «Gestützt auf die geltende Interoperabilitätspflicht muss Swisscom jeden Anruf durchstellen», antwortet Swisscom. Zudem kenne man den Inhalt respektive die Absicht des Anrufers ja nicht und wisse deshalb auch nicht, ob zwischen Anrufer und Angerufenem bereits eine Kundenbeziehung bestehe oder nicht.

Erschwerend kommt hinzu, dass die drei Telekomfirmen keine gemeinsame Lösung erarbeiten wollen. Und während Swisscom hofft, bis Ende Jahr etwas vorweisen zu können, braucht Cablecom nach eigenen Angaben für die Umsetzung mindestens ein Jahr. Sunrise benötigt so lange allein für die Prüfung einer allfälligen Lösung. Unklar ist schliesslich, ob ein solcher Dienst zusätzlich kosten wird.

Zum Eintrag verpflichtet

Dass trotzdem etwas geschehen muss, hat auch die Politik erkannt. SP-Ständerätin Anita Fetz forderte letztes Jahr den Bundesrat in einer Motion auf, einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten, der solche Anrufe unter Strafandrohung stellt. Sie zog die Motion jedoch zurück, da das Fernmeldegesetz sowieso revidiert werden muss und der Bundesrat das Thema in die Vernehmlassung bereits hat einfliessen lassen.

Geprüft wird, ob eine Rechtsgrundlage zur Sperrung von Rufnummern geschaffen werden soll. Und hiesige Callcenter dürften zu einem Eintrag in einem öffentlichen Verzeichnis verpflichtet werden. Bis das Gesetz in Kraft tritt, wird es aber noch dauern.

Dass die Festnetzanbieter just vor der Gesetzesrevision unerwünschte Anrufe bekämpfen wollen, dürfte dieses Motiv haben: Es ist einfacher, eigene Lösungen zu erarbeiten, als neue Gesetze aufwendig umzusetzen.