Update vom 17. Oktober 2019

Harte Strafen für Werbeanrufe

Das Bezirksgericht Zofingen hat drei Hauptverantwortliche der Firma Geminis Marketing zu Freiheitsstrafen von bis zu 30 Monaten und verurteilt. Sie sollen mit ihrer «Werbesperre.ch» gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstossen haben. Das Gericht beschlagnahmte zudem rund 200 000 Franken, die aus dem Geschäft stammen.

Die Telefonverkäufer hatten Sterneinträge im Telefonverzeichnis ignoriert und gegen Geld ausgerechnet einen Schutz gegen nervige Telefonverkäufer versprochen. Auch Beobachter-Abonnenten beklagten sich über unerwünschte Anrufe und nicht nachvollziehbare Rechnungen und Mahnungen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Beklagten können es an das Aargauer Obergericht weiterziehen. Sie hatten die Verantwortung für die in Auftrag gegebenen, aber in einem Callcenter in Kosovo getätigten Anrufe von sich gewiesen. (pjm)

Die Firma Werbesperre.ch verheisst Schutz vor nervigen Telefonverkäufern. Und zwar aktiven: Man mahne Belästiger im Auftrag der Kunden ab. Doch die Werbesperrer gehen selber mit unerlaubten Anrufen auf Kundenfang – sie ignorieren Sterneinträge gegen Werbung im Telefonverzeichnis. Seit 2015 läuft deswegen ein Strafverfahren gegen die Zofinger Firma Geminis Marketing, die hinter Werbesperre.ch steckt. Das Urteil ist bald zu erwarten, sagt die Staatsanwaltschaft.
 

Trotz der Strafuntersuchung halten die Beschwerden über die Firma an. Beobachter-Abonnenten beklagen unerwünschte Anrufe sowie nicht nachvollziehbare Mahnungen und Rechnungen. Eine betagte Frau, der am Telefon eine Werbesperre verkauft wurde, erhielt 20 Tage nach dem Bezahlen der Rechnung eine «letzte Zahlungsaufforderung vor Betreibung», zwei Wochen später sogar ein Drohschreiben mit der Ankündigung rechtlicher Schritte. Die Forderung von ursprünglich Fr. 85.30 wuchs derweil auf Fr. 325.40 an. Unter anderem hätte sie einen «Verzugsschaden» bezahlen sollen, ohne dass ein solcher Schaden überhaupt belegt wird. «Wir ignorierten die unsinnigen Rechnungen. Irgendwann kehrte Ruhe ein», sagt die Tochter der betagten Frau. Doch schon drei Monate vor Ablauf der Werbesperre folgten neue Rechnungen und Betreibungsandrohungen für die automatische Erneuerung. Die wird in den Geschäftsbedingungen von Werbesperre.ch zwar erwähnt. Die Kunden müssten aber auch im Verkaufsgespräch am Telefon darauf hingewiesen werden und sich damit einverstanden erklären.

«Auf Teufel komm raus»

Bei der Geminis Marketing heisst es, es komme nur bei einem Prozent der Callcenter-Anrufe zu Beschwerden. «Den Ausgang des Strafverfahrens erwarten wir zu unseren Gunsten.» Wenn ein Kunde «auf Teufel komm raus» spiele und seine Rechnungen nicht bezahlen wolle, dürfe er sich nicht wundern, «wenn er dafür die Quittung erhält».
Um sich vor unerwünschter Werbung zu schützen, gibt es kostenlose Alternativen. Neben dem Sterneintrag im Telefonverzeichnis können sich Swisscom-Kunden mit IP-Telefonie seit November über das Kundencenter einen Callfilter einrichten lassen. Er weist Anrufe von einschlägigen Callcentern, Roboteranrufe und unterdrückte Nummern automatisch ab. Sunrise und UPS prüfen ein solches Angebot für ihre Kunden. Auch für Smartphones gibt es inzwischen Lösungen. Über die App von Local.ch etwa lassen sich Anrufe von unseriösen Callcentern automatisch unterdrücken.