«Mit Liebe ist alles möglich»: Unter diesem Titel zirkuliert seit 1953 ein Kettenbrief aus Neuseeland, der angeblich schon neunmal die Welt umrundete. Jetzt geht der Text, der jenen «Glück bringt», die ihn an mindestens zehn Bekannte weiterschicken, ein weiteres Mal um den Globus – diesmal allerdings per E-Mail.

Es ist nicht der einzige Kettenbrief, der in den letzten Wochen in den Mailboxen von Beobachter-Leserinnen und -Lesern landete. Unter der Bezeichnung «Spiel» wird ein dümmlicher Psychotest mit Unglücksdrohung verbreitet. Happiger ist die Warnung «Your Rights Under Attack by Record Industry». In dieser Mail wird zum Protest gegen Plattenfirmen und zur Registrierung aller eigener CDs beim MP3-Musikanbieter my.mp3.com aufgerufen. In elektronischer Form kursiert auch ein Kettenbrief mit der Bitte für «Solidaridad con Brian»: Für jede Weiterleitung werde der «Internet Service Purvoyer» – gemeint ist wohl der Provider – dem kranken Jungen in Buenos Aires «0,01 » zahlen.

Allen diesen Briefen ist gemein, dass sie «an mindestens zehn Bekannte» weitergeleitet werden sollen – und dass sie Unfug sind. Das Löschen der «Glücks-Mails» bringt kein Unglück. Der Protest ist eine Werbeaktion von mp3.com. Und der arme Brian existiert so wenig wie der ominöse «Purvoyer». Das gehäufte Auftreten von E-Mail-Kettenbriefen lässt jedoch Böses ahnen. Da es im Vergleich zur konventionellen Post viel leichter und billiger ist, den unsäglichen Mailaufrufen Folge zu leisten, werden sich Kettenbriefe noch schneller und weiter verbreiten. Allein der elektronische Hilferuf für Brian soll innert Monatsfrist über eine halbe Million Mal weitergeleitet worden sein.

Dagegen wehren kann man sich nicht. Oder höchstens, indem man dem Absender höflich mitteilt, dass er auf einen Kettenbrief hereingefallen ist. Und: Bevor er das nächste Mal solche E-Mails weiterleitet, solle er doch die Kettenbrief-Infosite konsultieren.