Vermutlich versperrten ihm die Gladiolen die Sicht. Frisch geschnitten in Küsnacht ZH und gross wie Kindergärtler. Josef G.* stieg mit dem prächtigen Strauss in Zürich aus dem Uber-Taxi, und der Wagen fuhr los. Auf dem Rücksitz G.s neues iPhone 7. Er bemerkte den Verlust erst, nachdem er die Blumen zu Hause in eine Vase gestellt hatte.

Dass etwas liegen bleibt, kommt vor – und dürfte bei den fünf Milliarden Fahrten, die Uber bisher weltweit vermittelt hat, an der Tagesordnung sein. Fragt sich, wie Uber damit umgeht. G. sandte den Freunden, die ihm die Gladiolen geschenkt hatten, via Tablet eine SMS. Sie riefen auf das Handy ihres Gastes an. Der Uber-Fahrer nahm ab. Er sei nicht mehr in Zürich, er fahre in die Vorstadt, er bringe das Handy vorbei. Es war Samstag, der 15. Juli, gegen 23 Uhr. Danach war Stille.

«Keine Hotline im klassischen Sinne»

Am Sonntag der Versuch, Uber Schweiz zu erreichen. Im Internet findet sich einzig eine Handynummer. Wer sie wählt, hört: «Diese Rufnummer ist nur für SMS-Kommunikation gültig.» Die SMS wird abgewiesen: «Nicht zugestellt.» Via Uber-Website kann man versuchen, den Fahrer zu erreichen. Dazu meldet man sich als Kunde an und tippt bei verlorenen Dingen seine Telefonnummer ein. Doch was nützt das, wenn man das Handy vermisst? Wie soll sich der Fahrer denn beim Besitzer melden?

Nächster Versuch. Eine Mail an Uber mit dem Onlineformular im Internet. Doch der Empfang wird von Uber weder bestätigt, noch wird die Mail beantwortet. Gut, am Wochenende sind die meisten Firmen nicht erreichbar. Aber ein Taxivermittler? Mit Spitzenzeiten am Wochenende?

Dem Beobachter schrieb die Uber-Pressestelle, es gebe keine Hotline «im klassischen Sinne». Probleme könne man online melden, «in Notfällen» melde sich Uber «sofort». Bei Redaktionsschluss am Dienstagmorgen fehlte das teure Handy noch immer. 

Update vom 31. Juli 2017

Nach dem Erscheinen des Artikels meldete sich ein Mann von Uber beim Beobachter. Er habe «nur die Handynummer und Email des Fahrers», doch der melde sich nicht. Josef G. liess sein Mobiltelefon sperren. Tage später und auf mehrmaliges Nachfragen erreichte der Uber-Mann den Fahrer. Nichts geschah.

Als sich nichts bewegte, riet Rosmarie Naef vom Beobachter-Beratungszentrum, dem Fahrer einen Termin für die Rückgabe zu setzen. Falls dieser nicht eingehalten würde, sei gegen den Fahrer und den Taxivermittler Uber einen Strafanzeige wegen Sachentziehung einzuleiten. Das tat Josef G. Er schickte die Nachricht sowohl an den Fahrer wie an support@uber.com, die Mail für Notfälle.

Die Mail an Uber kam zurück:

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Hallo,

Vielen Dank für deine Nachricht!

Leider existiert die von dir kontaktierte E-Mail-Adresse nicht mehr. Deine Anfrage wurde daher nicht übermittelt und dein Anliegen kann so nicht bearbeitet werden.

Du kannst uns aber trotzdem jederzeit erreichen. Sende uns dazu einfach eine Anfrage, indem du in der Uber App auf „Hilfe“ tippst. Du kannst auch help.uber.com in einem Web-Browser deiner Wahl aufrufen. Dort findest du Antworten auf häufig gestellte Fragen und kannst bei Bedarf auch eine Support-Anfrage an uns senden. Für Partner-Fahrer sind wir auch vor Ort im Greenlight Center da.

Wir freuen uns, von dir zu hören und dir behilflich zu sein!

– Dein Uber-Team

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Der Fahrer bzw. dessen Cousin hingegen reagierte. Eine Woche nach dem Liegenlassen des 800 Franken teuren Mobiltelefons brachte er es zurück. Für ein Trinkgeld von 20 Franken. «Die Drohung mit der Polizei hat schnell gewirkt», stellte Josef G. fest.

Wie reagieren andere Taxifirmen?

Drei Firmen vermitteln in der Schweiz Taxis via App: Go!, MyTaxi und Uber. 

  • Go! schrieb dem Beobachter: «Hinter go! steht immer ein lokaler Taxianbieter, der vor Ort ein Fundbüro hat. Am Beispiel Zürich, wo go! mit 7x7 arbeitet, ist das Fundbüro an der Zypressenstrasse 76, 24h/7 Tage in der Woche besetzt. Wie in Zürich funktioniert es auch in den meisten anderen Ortschaften. Je nach Grösse des Unternehmens nicht immer 24/7. Der go!-Kunde kann entweder in der App unter seiner History nachschauen, mit welchem Taxianbieter er gefahren ist, oder er schreibt go! an, um diese Auskunft zu erhalten.»
     
  • MyTaxi reagierte nicht auf die Fragen des Beobachters. Der Dienst gehört immerhin zum deutschen Daimler-Konzern.
     
  • Uber handelte spät und offenbar erst auf Druck des Beobachters. Von «Notfalldienst» keine Spur. Wer mit Uber Kontakt aufnehmen will, sieht sich einem Phantom ohne sichtbare Strukturen gegenüber. Die Pressestelle ist vermutlich in Berlin, registriert ist Uber (Schweiz) an der Baslerstrasse 60 in Zürich. Uber verbrannte für seine weltweite «halsbrecherische Expansion» (Zitat aus dem Wallstreet Journal) allein im Jahr 2016 drei Milliarden Dollar. Uber mag günstiger sein, aber Kundennähe und Service bleiben bei diesen Preisen komplett auf der Strecke.
     
  • Der Schweizer Taxiverband schrieb dem Beobachter: «Ein vergessenes Handy im Taxi ist an der Tagesordnung. Wenn die Fahrt mit einem Taxi ausgeführt wurde, das bei einer Zentrale bestellt wurde, kann der Fahrer aufgrund der GPS-Daten ermittelt werden. Wenn das Taxi ab Standplatz oder durch Winken angehalten wurde, kann der Fahrer nur anhand von Angaben des Fahrgastes (Autonummer, Bewilligungsnummer, Zeitangabe sowie Einsteige- und Zielort) ausfindig gemacht werden. Bei bestellten Taxis kann die Zentrale den Fahrer ermitteln, das Handy wird in der Regel dem Kunden gebracht gegen Unkosten-Entschädigung.»
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Matthias Pflume, Leiter Extras
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