Eistee aus dem Tetrapak, Käsebrötli in Plastikfolie, verschweisste Gurken: Diese Verpackungen landen meist im normalen Abfallsack. Ein neuer Verein will das ändern. Unter dem Namen Recypac soll bis 2030 ein schweizweites Recyclingsystem für Kunststoffverpackungen und Getränkekartons aufgebaut werden.

Die Wiederverwertung soll Ressourcen schonen, Energie sparen und Treibhausgase reduzieren. Zur Kasse gebeten werden die Konsumentinnen und Konsumenten: Die Entsorgungssäcke sollen kostenpflichtig sein. Und müssen zu einer Sammelstelle gebracht werden.

Hinter dem Verein stehen Firmen aus der Verpackungsindustrie und namhafte Akteure aus dem Detailhandel wie Aldi, Coop, Migros und Lidl. Aber auch die öffentliche Hand will sich der nationalen Lösung anschliessen. Darunter die Entsorgungswerke der Städte Bern und Zürich.

«Einwegverpackungen haben Schutzfunktion»

Bei Entsorgung und Recycling Bern (ERB) und Zürich (ERZ) setze man schon heute, wenn immer möglich, auf Mehrwegsysteme – also mehrfach benutzbare Verpackungen. «Doch ein reines Mehrwegsystem für Konsumgüter ist noch nicht realistisch», erklärt ERB-Amtsleiter Christian Jordi.

Einweglebensmittelverpackungen hätten zudem eine Schutzfunktion, heisst es bei ERZ. Das beste Beispiel seien Salatgurken. Durch die Verpackung blieben sie länger haltbar, das habe hinsichtlich der Ökobilanz den grösseren Effekt. Aus diesen Gründen wolle man Initiativen unterstützen, die Recycling fördern.

«Ein Jahr lang den Plastikmüll fürs Recycling zu sortieren, nützt ökologisch etwa so viel, wie auf ein einziges Entrecôte zu verzichten.»

Florian Kasser, Greenpeace

Das klingt schön und gut. Doch die Umweltorganisation Greenpeace sieht es etwas kritischer.

«Der Nutzen von Plastikrecycling ist gering», sagt Kampagnenleiter Florian Kasser. «Wenn eine Person ein Jahr lang ihren Plastikmüll fürs Recycling sortiert, hat das etwa denselben ökologischen Nutzen, wie wenn sie auf ein einziges Entrecôte verzichtet.» Das zeigt eine unabhängige Studie.

Konsumentinnen und Konsumenten werde der Eindruck vermittelt, Recycling könne das Problem Plastik aus der Welt schaffen. Das sei aber nicht so: «Plastik wird mit der Zeit spröde und verschmutzt als Mikroplastik die Umwelt», erklärt Kasser. Es kann selten recycelt, sondern oft nur downgecycelt werden – also nicht mehr als Verpackung, sondern zum Beispiel auf dem Bau weiter eingesetzt werden.

«Kein Anreiz, Plastik zu reduzieren»

Zudem: Die Infrastruktur und die Logistik, die für Recypac aufgebaut werden müssten, seien kostspielig. «Das lohnt sich nur, wenn jahrzehntelang die gleichen Mengen verarbeitet werden.» Damit gebe es keinen Anreiz, die Plastikmenge zu reduzieren und auf Mehrwegsysteme zu wechseln. «Der minimale ökologische Nutzen wird von den Nachteilen ausbalanciert.»

Recycling hätte durchaus einen ökologischen Mehrwert im Vergleich zur Verbrennung, sagt Viviane Pfister von Recypac. Das zeigen auch Studien, zum Beispiel der ETH Zürich. Reduktion oder Mehrweg seien ebenfalls wichtig, doch es müsse auch recycelt werden. Sie weist ebenfalls auf die Schutzfunktion von Verpackungen hin. Dass das System koste, sei klar. Doch: Eine einheitliche nationale Lösung sei effizienter als regionale Massnahmen. An der Finanzierung beteiligten sich zudem auch die Vereinsmitglieder.

Auch Nestlé will helfen 

Für Florian Kasser von Greenpeace ist klar: «Bei diesem Projekt geht es nicht um den ökologischen Nutzen.» Diese Massnahme solle nur davon ablenken, was das eigentliche Ziel des Vereins sei: weiterhin unnötiges Plastik zu produzieren. Auch Nestlé ist Mitglied im Verein – und gehört zu den grössten Plastikverschmutzern der Welt.