Im letzten Herbst führte das Staatssekretariat für Migration einen neuen Arbeitsbegriff zur Unterscheidung verschiedener Betreuungsgruppen in den Bundesasylzentren ein; die selbstständigen unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (SUMA). Das sind unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) im Alter von 16 bis 18 Jahren. Wegen ihres angeblich hohen Reifegrads werden sie weniger intensiv betreut, leben teils in anderen Unterkünften als die jüngeren Asylsuchenden und bekommen keine Möglichkeit auf Bildung.

Beobachter: Herr Walter, in der Öffentlichkeit war der SUMA-Status bisher nicht bekannt. Selbst Organisationen im Asylbereich wurden davon überrumpelt. Wie erging es Ihnen?
Lionel Walter: Wir haben davon gehört. Als Dachorganisation im Asylbereich sind wir in regem Austausch mit verschiedenen Akteuren und den Behörden. Über die Auswirkungen des Status wurden wir hingegen nicht systematisch informiert.


Welche Auswirkungen sind das?
Selbständig eingestufte Minderjährige können nicht auf die Unterstützung und Begleitung durch Sozialpädagoginnen und -pädagogen zählen. Zudem werden SUMA in der Regel in abgelegenen Zentren untergebracht. Die Jugendlichen werden nur selten von Betreuungspersonal besucht und haben einen erschwerten Zugang zu ihren Rechtsvertretern, den sogenannten Vertrauenspersonen. Viele Kinder sind dadurch auf sich selbst gestellt. Das ist für dieses Alter nicht angemessen und widerspricht dem Kinderschutz. Zudem stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien und durch wen die Einteilung erfolgt. Aus unserer Sicht ist der SUMA-Status problematisch und besorgniserregend.

Lionel Walter, Sprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe

Lionel Walter ist Mediensprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH)

Quelle: SFH


Weshalb?
Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, und der Status existiert in der Uno-Kinderrechtskonvention nicht. Laut dieser gilt jeder Mensch unter 18 als Kind, das besondere Rechte und Bedürfnisse hat, die gewährleistet und geschützt werden müssen. Der SUMA-Status hingegen verweigert Minderjährigen die Unterstützung und Begleitung, die ihnen zusteht. 


Was bedeutet diese Einteilung für das Asylwesen der Schweiz?
Die Kategorie sollte so rasch wie möglich wieder abgeschafft werden. Kinder und Jugendliche haben besondere Rechte und Bedürfnisse, die gewährleistet und durch den Staat geschützt und eingehalten werden müssen. Wir von der Flüchtlingshilfe sind uns der Schwierigkeiten und Herausforderungen der letzten Monate im Asylwesen bewusst. Doch die Asylzahlen sind in den letzten zwei Monaten zurückgegangen. 
 

Ändert das die Situation?
Jetzt besteht vielleicht der notwendige Spielraum, insbesondere im Bereich der Unterbringung auf Bundesebene. Gleichzeitig prüfen wir die Möglichkeit, Kinderflüchtlinge bei Pflege- oder Gastfamilien unterzubringen. Allerdings brauchen wir noch etwas Zeit, um die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen.