Sehr vermögende Privatpersonen haben ein Problem, das sich den allermeisten Leuten nie stellen wird: Sie wollen sicher sein, dass das eigene Vermögen unter allen Umständen in der Familie bleibt und nur die eigenen Nachkommen davon profitieren können – am besten noch steuerlich optimiert. Dazu wurde in der Schweiz ab dem 17. Jahrhundert das Rechtskonstrukt «Familienfideikommiss» verwendet. So konnten Herrschaftsfamilien ihre Ländereien, Gutshöfe und Schlösser an sich binden und unliebsame Erben ausschalten. 

Seit 1907 nicht mehr erlaubt

Dieses Rechtsgebilde wurde damals vor allem in Orten angewendet, wo Patrizier-Familien das Sagen hatten. Weil dieses Instrument aber als undemokratisch verpönt war, wurde es schliesslich 1907 im Schweizerischen Zivilgesetzbuch verboten. 

Zulässig sind Familienstiftungen heute nur noch für sehr begrenzte Zwecke, erlaubt sind nur noch Zahlungen für bestimmte Situationen wie Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen. Nicht zulässig sind Zahlungen zur Finanzierung des allgemeinen Lebensunterhalts. 

Ständerat Thierry Burkart findet diese Schranken «viel zu eng». Weil im Ausland – etwa in Liechtenstein – sogenannte Unterhaltsstiftungen weiterhin möglich sind, möchte der FDP-Chef das Verbot von 1907 in der Schweiz aufheben. Der Ständerat stellte sich am Montag diskussionslos hinter seine Forderung.

Sorge um Familienvermögen

Burkart argumentiert: «In der Schweiz fehlt ein taugliches Mittel für die familiäre Vermögens- und Nachlassplanung.» Damit meint er «ein Instrument», das eine dosierte Weitergabe des Familienvermögens an die Nachkommen ermöglicht und verhindert, dass das Vermögen «auf einen Schlag» an die Erben übergeht. 

Wenn reiche Familien heute über eine Stiftung eigenen Familienmitgliedern den Lebensunterhalt finanzieren wollen, müssen sie beispielsweise auf Liechtenstein ausweichen. Daraus folgert Burkart, wenn in der Schweiz Unterhaltsstiftungen zugelassen würden, wäre alles einfacher: Es wäre «kein Rückgriff auf ausländische Instrumente mehr nötig», und der Abfluss von Vermögen ins Ausland würde verringert.

Hinter der Forderung, die Unterhaltsstiftungen wieder einzuführen, steckt mehr: Seit Jahren machen bürgerliche Parlamentarier Druck, in der Schweiz die Rechtsform des sogenannten Trusts zuzulassen. Solche Konstrukte werden vor allem im angelsächsischen Recht benutzt. Schwerreiche Personen übertragen ihr Vermögen in einen Trust, der Verwalter sorgt dafür, dass er zu einem späteren Zeitpunkt einem Nachkommen übertragen wird.

Solche Trusts werden aber nicht nur zur Nachlassplanung genutzt. Sie dienen auch immer wieder dazu, die tatsächlichen Besitzer von Vermögenswerten zu verstecken und Steuern zu optimieren. Nach verschiedenen parlamentarischen Forderungen hat der Bundesrat schliesslich Anfang 2022 einen Gesetzesentwurf vorgelegt. 

Geschenk für Banken

Aus den Unterlagen des Bundesrats wird klar, um was es geht: Ein Schweizer Trust könne «neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen, sowie eine Chance für den Finanzplatz darstellen». Tatsächlich ist ein Schweizer Trust auch seit Jahren ein Anliegen der Banken. Denn weil es diese Rechtsform in der Schweiz bisher nicht gibt, weichen reiche Privatpersonen immer wieder auf Finanzplätze in Grossbritannien oder den USA aus.

Doch in der Vernehmlassung ist dieser Schweizer Trust nicht nur auf Zustimmung gestossen. So kritisierte etwa der Regierungsrat des Kantons Graubünden, die Forderung nach einer solchen Rechtsform sei zwar «mit Rücksicht auf die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz» nachvollziehbar. Trotzdem lehnt der Kanton das neue Gesetz ab. Denn: Trusts und «damit verbundene treuhänderische Situationen» beim Grundeigentum könnten «höchst problematisch» sein. 

Konkret: Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der Vermögenswerte russischer Staatsbürger, die den Sanktionen unterliegen, «ist die Einführung eines Schweizer Trusts nicht opportun». Der Bündner Regierungsrat betont dazu: «Mit einem solchen Trust würde ein zusätzliches schweizerisches Instrument für intransparente Vermögensanlagen geschaffen, wie wir sie bislang vor allem von den Offshore-Finanzplätzen her kennen.»

Für den Bundesrat ist Burkarts Forderung derzeit «verfrüht». Noch sei nicht klar, wie es mit dem geplanten Gesetz über einen Schweizer Trust weitergehen soll. Die Auswirkungen auf das Stiftungsrecht und die finanzpolitischen Folgen seien komplexer als angenommen. Nach dem Entscheid vom Montag ist jetzt die zuständige Kommission am Zug.