An Geld fehlt es den Schweizer Bauernverbänden wahrlich nicht. Sie erhalten jedes Jahr vom Bund rund 60 Millionen Franken allein für Werbung und Kommunikation. Dazu kommen 15 Millionen für «Absatzförderung» (siehe Grafik am Artikelende)

Doch diese Millionen aus der Bundeskasse reichen ihnen offensichtlich nicht. Sie bitten auch Bauern zur Kasse, die ihren Verbänden gar nicht angehören. Der Bundesrat hat diese Praxis soeben für weitere drei Jahre abgesegnet. Damit ist das Einziehen von Zwangsabgaben von Gesetzes wegen bis Ende 2025 erlaubt. Einzige Einschränkung: Die Beiträge müssen für Kommunikationsmassnahmen eingesetzt werden.

Mit der Ausdehnung der Beitragszahlungen verhindere man, dass «Trittbrettfahrer von Massnahmen profitieren, ohne sich daran zu beteiligen», begründet der Bund sein Vorgehen. Von der Regelung profitieren der Schweizer Bauernverband, der Milchproduzentenverband, der Eierproduzentenverband GalloSuisse sowie die Verbände der Emmentaler- und Vacherinproduzenten.

Mehr als eine Million für Milchproduzentenverband – Rest hält sich bedeckt

Aktuell sind fünf bis zehn Prozent der Bauern nicht organisiert, heisst es beim Bauernverband. Doch von seiner Kommunikations- und Werbearbeit profitierten auch sie, nicht nur die Mitglieder. GalloSuisse schreibt auf Anfrage, dass ja auch Nichtmitglieder Werbeunterlagen erhalten würden.

Doch um welche Summen geht es überhaupt? Und wie hoch sind die Zwangsbeiträge? Das ist völlig unklar. «Auf diese Frage können wir nicht öffentlich antworten», schreibt Interprofession du Vacherin Fribourgeois auf Anfrage des Beobachters. Emmentaler Switzerland, GalloSuisse und der Verband der Schweizer Milchproduzenten geben keine konkrete Antwort.

Beim Verband der Milchproduzenten, mit rund 20'000 Mitgliedern eine der grössten Landwirtschaftsorganisationen, ist immerhin so viel klar: Pro Liter Milch zieht man bei Nichtmitgliedern 0,7 Rappen ein. Das sind für einen durchschnittlichen Milchbauernbetrieb 1200 Franken pro Jahr. Gemäss Hochrechnung kassiert der Milchproduzentenverband von Nichtmitgliedern damit deutlich mehr als eine Million. Diese «Grössenordnung» sei richtig, bestätigt der Verband. Es könnten auch mehr als zwei Millionen sein.

Bauern müssten nicht zahlen

Transparent zeigt sich einzig der Schweizer Bauernverband. Er zieht nur ein paar Franken pro Nichtmitglied ein, zusammen 10'000 Franken. Bei einem Kommunikationsbudget von mehr als vier Millionen ist das vernachlässigbar. Der Verband lässt durchblicken, dass die Ausdehnung der Beiträge nicht auf seinem Mist gewachsen sei. 

Insgesamt dürften die Zwangsabgaben den fünf Organisationen Millionen in die Kassen spülen. Was die wenigsten Bauern wissen: Rechtlich bindend ist die Zahlung dieser Beträge nicht. Wer sich wehrt, kann sich von der Zwangsabgabe befreien lassen.

«Staatsfirma» als Eintreiberin

Jeder Verband zieht die Beiträge auf andere Art ein. Der Bauernverband hat dafür die Identitas AG eingespannt. Die Firma gehört mehrheitlich dem Bund. Das stösst auf Kritik.

Dass sich eine «Staatsfirma» um das Inkasso kümmere, sei merkwürdig, sagt der Berner Grünen-Nationalrat Kilian Baumann. «Denn es werden Gelder für Massnahmen eingezogen, die teilweise den Zielen des Bundes widersprechen.» Zum Beispiel wenn der Bauernverband die Agrarpolitik des Bundes bekämpfe.

Die Kleinbauernvereinigung, der Kilian Baumann vorsteht, kritisiert die Zwangsabgaben auch aus grundsätzlichen Überlegungen. Sie führten dazu, dass «ausgerechnet jene grossen Organisationen, die sich am meisten gegen ökologische Änderungen in der Landwirtschaft zur Wehr setzen», noch weiter gestärkt werden.

Absatzförderung: 15 Steuermillionen für die Verkäufe der Bauern

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Quelle: BLW – Infografik: Andrea Klaiber und Anne Seeger
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