«Finger weg von Tuning», rät Martin Platter von der Schweizer Fachstelle für Velo & E-Bike und teilt damit die Meinung der ganzen Branche. Tuning kann böse Folgen für E-Bike und Fahrer haben. Geschieht ein Unfall, beispielsweise weil der Motor wegen der grösseren Belastung überhitzt oder blockiert, drohen nicht nur ernsthafte Verletzungen oder sogar der Tod. Die Versicherung kann die Haftung ablehnen, da das Frisieren einem Versicherungsbetrug gleichkommt und gegen das Strassenverkehrsgesetz sowie die Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VST) verstösst.

Davon lassen sich aber längst nicht alle einschüchtern. Online finden Interessierte schnell, wonach sie suchen: Tuning-Sets für Hobbybastler sind bereits ab circa 140 Franken erhältlich – Youtube zeigt, wies geht. «Es kann zwar nicht jeder selbst tunen, für technisch Versierte ist die Hürde allerdings überwindbar», sagt Martin Plattner. Das, obwohl die Hersteller eigentlich verpflichtet sind, die technischen Hürden so hoch wie möglich zu machen. 

Wer sein Velo tunen will, befestigt ein elektrisches Gerät zwischen dem Magnetsensor am Laufrad und der rechnenden Computereinheit. Dadurch werden die Impulse des Sensors manipuliert. Folglich kann der Rechner nicht mehr erfassen, mit welcher Geschwindigkeit der Fahrer in die Pedale tritt und die Motorunterstützung wird bei 25 km/h nicht ausgeschaltet. Eine solche Ausschöpfung der Motorleistung führt allerdings zu einem schnelleren Verschleiss der Einzelteile sowie des Akkus.

Weshalb gibt es kein mittelschnelles E-Bike?

Bisher gibt es in der Schweiz zwei Arten von E-Bikes: Das langsamere Modell verfügt über einen Motor, der mit maximal 500 Watt betrieben wird und eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht. Zusammen mit der Tretunterstützung erreicht das E-Bike eine Geschwindigkeit von 25 km/h – bei höheren Tempi schaltet der Motor ab. Das schnellere E-Bike hat eine Leistung von 1000 Watt. Der Motor bringt 30 km/h, mit Tretunterstützung lassen sich Geschwindigkeiten bis zu 45 km/h erreichen.

Da für das schnelle E-Bike eine Haftpflichtversicherung sowie ein Führerausweis M obligatorisch sind , entscheiden sich nur circa 20 Prozent der Käufer für dieses Modell. Dennoch wären viele E-Biker gerne etwas schneller unterwegs – immer mal wieder wird die Forderung nach einem mittelschnellen E-Bike laut. In den USA gibt es ein solches bereits: Es fährt 20 Meilen pro Stunde, umgerechnet circa 32 km/h. «Vor allem für trainierte Velofahrer wäre ein schnelleres E-Bike sicher eine Alternative», findet Martin Platter.

Schweizer E-Bikes im Überblick

Langsames E-Bike / Leicht-Motorfahrrad

Schnelles E-Bike / Motorfahrrad

Motorstärke bis 500 Watt, Unterstützung bis 25 km/h

Motorstärke bis 1000 Watt, Unterstützung bis 45 km/h

Führerausweis M für 14- bis 16-Jährige

Führerausweis M für alle Fahrer

Keine Helmpflicht

Velohelm obligatorisch

Keine Haftpflichtversicherung nötig

Haftpflichtversicherung obligatorisch

Keine Nummer erforderlich

Gelbe Nummer obligatorisch

Velowege obligatorisch

Velowege obligatorisch

Befahren von Strassen mit Mofaverbot erlaubt

Befahren von Strassen mit Mofaverbot nur mit abgestelltem Motor erlaubt

Inzwischen gibt es sogar E-Bikes für Kinder ab einer Körpergrösse von circa 115 cm. Da Jugendliche aber erst ab 14 Jahren und mit einem Führerschein M auf den Strassen fahren dürfen, machen diese aber wenig Sinn. «Kinder dürfen nur auf dem Privatgelände und auf Rennstrecken mit dem E-Bike unterwegs sein», so Platter.

Der Wunsch nach mehr Tempo wird den Fahrern in absehbarer Zukunft wahrscheinlich nicht erfüllt. Argumentiert wird oft mit den steigenden Unfallzahlen – so hat sich die Zahl der Unfälle in den letzten Jahren verdreifacht. Ganz fair ist der Schluss allerdings nicht, denn die erhöhten Zahlen lassen sich hauptsächlich darauf zurückführen, dass mittlerweile viel mehr Personen E-Bikes fahren. Ein weiteres Argument ist, dass für ein mittelschnelles E-Bike eine neue gesetzliche Grundlage erarbeitet werden müsste. Die beiden bisherigen Geschwindigkeitsgrenzen sind nämlich nicht willkürlich gezogen, sondern orientieren sich an anderen Verkehrsteilnehmern: 20 km/h entspricht dem Tempo eines normalen Velos, 30 km/h demjenigen eines Mofas. Diesen Fahrzeugen entsprechen die E-Bikes auch rechtlich gesehen.

Können E-Biker haftbar gemacht werden?

Wer ein E-Bike fährt, muss sich wie die anderen Verkehrsteilnehmer an die Verkehrsregeln halten. Auch wenn ein E-Bike nicht zwangsläufig über einen Tacho verfügt, muss die Geschwindigkeit den Umständen angepasst werden. Die Höchstgeschwindigkeit gilt für E-Biker genauso wie für andere Verkehrsteilnehmer: «Ein E-Biker, der zu schnell durch eine Begegnungszone fährt, kann durch die Polizei zur Anzeige gebracht werden», erklärt Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen Astra. Aber: «Für Velo, Mofa und E-Bike können keine Ordnungsbussen für Geschwindigkeitsübertretungen wie für Autos, Lastwagen oder Motorräder ausgestellt werden.» Ein Auto, das in der 30er-Zone mit 40 km/h fährt, wird also sehr viel strenger gebüsst als ein E-Bike. Dies schon nur, weil ein E-Bike weniger schwer ist und somit auch weniger Schaden anrichten kann.

In der Schweiz hat das schnelle E-Bike rechtlich gesehen eine Sonderstellung: «Bei uns dürfen diese E-Bikes mit 1000 Watt Leistung betrieben werden», weiss Martin Platter. In Deutschland sind es nur 500 Watt – wer damit dauerhaft 45 km/h erreichen will, muss also um einiges kräftiger in die Pedale treten. Auch ist in der Schweiz bei schnellen E-Bikes nur ein Fahrradhelm Veloausrüstung Gut ausgerüstet ist halb geradelt nötig, im angrenzenden Ausland aber überall ein Motorradhelm. Achten Sie unbedingt darauf, wenn Sie mit Ihrem E-Bike über die Grenze fahren!

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Jasmine Helbling, Redaktorin
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