Normalerweise steht das Atomkraftwerk Gösgen für die jährliche Revision rund einen Monat still. Jetzt wurde die aktuell laufende Revision schon zum zweiten Mal verlängert. Neu soll die Anlage am 21. Juli wieder ans Netz gehen – und damit mehr als drei Wochen später als ursprünglich geplant. Bei der Revision sollten unter anderem etwa ein Fünftel der Brennelemente ausgetauscht und kleinere Wartungsarbeiten durchgeführt werden.  

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Dass sich der Stillstand jetzt verzögert, liegt daran, dass die Klappen im Speisewassersystem – einem nicht nuklearen Teil der Anlage – ausgetauscht werden sollen. Im Vorfeld des Austauschs seien Untersuchungen durchgeführt worden, die auf einer neuen Berechnungsmethode basierten, schreibt das AKW in einer Medienmitteilung. Diese hätten ergeben, dass im Fall eines Rohrbruchs in einzelnen Bereichen des Rohrleitungssystems Überlastungen auftreten könnten. 

Sicherheitsnachweis ist aufwendig

«Ein solcher Rohrbruch kann für die kommenden Jahrzehnte ausgeschlossen werden», schreibt das AKW Gösgen auf Anfrage des Beobachters. Dies hätten Berechnungen und der aktuelle Zustand der Rohrleitungen gezeigt. Da Sicherheit oberste Priorität habe, gehe das Werk aber erst wieder ans Netz, wenn das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) die Freigabe erteilt habe.

Dafür muss das AKW Gösgen der Aufsichtsbehörde nachweisen, dass der sichere Betrieb der Anlage gewährleistet ist. Dies ist der Grund für die Verlängerung: «Einzelne Nachweise sind komplex und aufwendig und brauchen in der Erstellung mehr Zeit», erklärt das AKW Gösgen. Die Mehrkosten, die durch diesen verlängerten Stillstand entstehen, liessen sich noch nicht beziffern. 

Ausfall kann für Aktionäre teuer werden

Das AKW Gösgen, das etwa 13 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs deckt, ist eine sogenannte Partnerwerksgesellschaft. Das heisst: Die Aktionärinnen des Werks decken je nach Beteiligungsanteil die Kosten der Anlage und beziehen dafür den entsprechenden Anteil Strom. 

In der Branche ist es üblich, den Strom schon Jahre im Voraus zu fixen Preisen zu verkaufen, um das Risiko von Preisschwankungen zu eliminieren. Fällt aber eine Anlage – wie jetzt – unvorhergesehen aus, muss auf dem Markt Ersatz beschafft werden, um die Verpflichtungen einzuhalten. Das kann je nach Strompreis teuer werden. 

Der Energiekonzern Alpiq hält mit 40 Prozent den grössten Anteil am AKW Gösgen. Ein Sprecher bestätigt auf Anfrage des Beobachters, dass ein Grossteil des erwarteten Stroms im Voraus verkauft werde – aber nicht 100 Prozent, um eine gewisse Flexibilität zu behalten. Der verlängerte Stillstand führe zwar zu Mehrkosten, Details zu den allfälligen finanziellen Auswirkungen will der Konzern zu diesem Zeitpunkt aber keine bekanntgeben. 

Endverbraucher nicht betroffen

Obwohl in Gösgen aktuell kein Strom produziert wird, bleibt die Schweiz Nettoexporteurin. Dies teilt die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) dem Beobachter mit. Die Grosshandelspreise für den betroffenen Zeitraum seien im Vergleich zu Lieferungen im August zwar gestiegen. Weil die Strompreise aber durch den Stromhandel und damit durch das Preisniveau im Ausland bestimmt werden, lasse sich der Anstieg kaum auf den Ausfall des AKW Gösgen zurückführen. 

Die Endverbraucher betrifft dies aber nicht. Für diese seien «keine relevanten direkten Effekte zu erwarten».
 

Quellen