BeobachterNatur: Frau Frey, wie geht es den Orang-Utans auf Sumatra?
Regina Frey: Die rund 5000 Tiere, die noch leben, sind stark bedroht. Von ihrem Lebensraum, den Tieflandregenwäldern, sind noch zwei bis fünf Prozent übrig. Es gibt nur noch eine zusammenhängende grosse Population im und um den Gunung-Leuser-Nationalpark. Die anderen Kleinstbestände sind längerfristig nicht überlebensfähig, wenn wir nichts tun. Auf Borneo zählen wir immerhin noch 40'000 bis 50'000 Tiere. Aber auch dort schreitet die Waldzerstörung sehr schnell voran.

BeobachterNatur: Sind denn die Orang-Utan-Gebiete auf Sumatra nicht längst geschützt?
Frey: Ausserhalb des Gunung-Leuser-Nationalparks steht praktisch kein Orang-Utan-Lebensraum unter Naturschutz. Sogar die letzten wertvollen Sumpfwälder mit ihrer hohen Biodiversität sollen jetzt Palmölplantagen weichen.

BeobachterNatur: Wer ist schuld an dieser Misere?
Frey: Verantwortlich sind vor allem die Palmölkonzerne. Sie holen zuerst die wertvollsten Bäume heraus, dann roden und entwässern sie das Gebiet und verwandeln es in Plantagen. Vieles läuft illegal. Die Firmen stecken mit korrupten Behörden und politischen Machthabern unter einer Decke.

BeobachterNatur: Vergeben die Behörden noch immer Konzessionen für neue Plantagen?
Frey: Die meisten Konzessionen stammen aus Zeiten des früheren Präsidenten Suharto. Doch gerade kürzlich hat der Gouverneur von Aceh wieder eine neue Konzession in einem extrem wertvollen Sumpfwald vorgeschlagen.

BeobachterNatur: Können denn Organisationen wie Paneco noch etwas ausrichten?
Frey: Der Kampf um die letzten Urwaldreste ist sehr schwierig. Einerseits ermutigen wir die lokale Bevölkerung, sich gegen die Zerstörung zu wehren, was jetzt Erfolge zeigt. Anderseits versuchen wir, mit den Firmen und Behörden zu verhandeln. Ansonsten konzentrieren wir uns heute vor allem auf Waldgebiete, die zwar nicht mehr ursprünglich sind, die aber durch Aufforstung wieder zum Lebensraum für Orang-Utans werden könnten. Am meisten versprechen wir uns hier von Wiederherstellungskonzessionen im Kontext des CO2-Zertifikate-Handels.

BeobachterNatur: Wie funktioniert das konkret?
Frey: Für die Erhaltung von bedrohten Waldgebieten gibt es CO2-Zertifikate, die langfristig mehr Geld generieren als Rodung und Plantagenwirtschaft. Heute gehen Umweltorganisationen mit Investoren Partnerschaften ein, um solche Wiederherstellungskonzessionen zu erstehen und damit wertvolle Regenwälder zu retten.

BeobachterNatur: Könnte das für die Menschenaffen die Rettung sein?
Frey: Ich habe in der Tat grosse Hoffnungen. Leider zieht die Aussicht auf grosse Gewinne aber auch viele Spekulanten an. Regierungen und seriöse Investoren sind gleichermassen verunsichert. Wir hoffen aber, dass langfristiges Engagement und Professionalität seitens der Naturschutzorganisationen die nötige Vertrauensbasis schaffen, um viele erfolgreiche Wald-Wiederherstellungsprojekte durchführen zu können.

BeobachterNatur: Woher stammen die rund 200 Tiere, die von der Stiftung Paneco bereits ausgewildert wurden?
Frey: Bis in die siebziger Jahre hauptsächlich aus illegaler Gefangenschaft. Heute nehmen wir vor allem Menschenaffen auf, die infolge der Abholzung ihren Lebensraum verloren haben und zu Schädlingen in der Landwirtschaft wurden. Die Naturschutzbehörde beschlagnahmt sie und bringt sie zu uns.