Wenn Adina Rom von Moskitonetzen spricht, könnte man glauben, diese hätten Superkräfte. «Man muss sich das mal vorstellen: vier Millionen Malaria-Tote weniger. Die meisten davon Kinder unter fünf. Ein simples Moskitonetz hat ihr Leben retten können. Da waren aber nicht Superkräfte am Werk, sondern Theorie und Forschung.»

Dann zeichnet die 32-jährige Armutsforscherin grosse Zahlen in die Luft: «Heute sterben pro Tag 17'000 Kinder weniger als noch 1990. Die Kindersterblichkeit hat sich um die Hälfte reduziert. Und jeden Tag sind 135'000 Menschen nicht mehr extrem arm. Sie haben also mehr als Fr. 1.90 pro Tag zum Leben. Wenn wir unser Gespräch beendet haben, sind schon wieder 6000 Menschen weniger arm.»

«Die Obdachlosen vergesse ich nie»

Armut ist Adina Roms Thema. Die Entwicklungsökonomin doktoriert an der ETH – und setzt jede freie Minute ein, entweder als Kopräsidentin der gemeinnützigen Organisation TamTam Africa, als Gründerin des ETH-Spin-offs Policy Analytics oder als Vorstandsmitglied des Think-Tanks Foraus. «Ungerechtigkeit beschäftigt mich schon mein Leben lang. Ein Bild aus Ferien in New York hat mich sehr geprägt: die vielen Obdachlosen auf den Strassen. Das vergesse ich nie. Seither packe ich jede Chance, um mich gegen Armut und Ungerechtigkeit zu engagieren.»

Eine dieser Chancen führte Adina Rom mit 22 erneut nach New York. Als Jugenddelegierte hielt sie 2007 zusammen mit dem damaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-moon eine Rede zur Armut. «Der Moment war symbolisch. Noch prägender war die Konferenz zu Entwicklungsökonomie, die ich ein paar Tage später in Boston besuchte. Das war der Moment, in dem ich mich entschloss, ins Feld zu gehen und zur Forschung beizutragen.»

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Das Feld war Kenia. Zwei Jahre lang forschte Adina Rom dort für die Organisation Innovations for Poverty Action zu Moskitonetzen. «Damals lief diese riesige Debatte, ob man die Netze gegen Malaria gratis abgeben oder lieber zu einem kleinen Preis verkaufen sollte.» Wirkungsstudien testeten beide Konzepte. Die Gratisnetze waren im Kampf gegen Malaria klar wirkungsvoller. Sogar die WHO hat danach ihre Richtlinien geändert.

Fast schwärmerisch erzählt sie von ihrer Fachrichtung: «Es gibt leider Hilfsaktionen, die verpuffen. Entwicklungsökonomie hilft, das zu verhindern, und zeigt effizientere Möglichkeiten auf. Sie testet Programme und Interventionen und prüft, welche Hilfe am besten funktioniert. So wirkt Armutsbekämpfung.»

Es gibt Hoffnung

Auch für ihre Doktorarbeit verbrachte Adina Rom neun Monate in Kenia. Sie forschte an der Nutzung von Solarenergie. Das ostafrikanische Land ist zu ihrer zweiten Heimat geworden.

Verliert sie angesichts der riesigen Armut nicht manchmal die Hoffnung? Adina Rom wird nachdenklich: «In Kenia habe ich zwar extreme Armut miterlebt. Aber die Bilder, die bleiben, sind die guten. Im ländlichen Kenia sind viele Kinder arm – doch die Schule besuchen mittlerweile fast alle. Die Menschen in Kenia beweisen Unternehmergeist und bringen ihre Heimat voran. Die Kindersterblichkeit ist zurückgegangen, und jeden Tag sind weniger Menschen arm. Das sollten wir uns alle wieder stärker vor Augen führen.»

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