Schweizer Forscher haben in den Bündner Alpen und in der Arktis zwei Pilzgattungen gefunden, die selbst bei tiefen Temperaturen Plastik fressen und verdauen. Dies geht aus einer kürzlich veröffentlichten Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hervor, publiziert im Fachblatt «Frontiers in Microbiology».

Die beiden bisher nicht bekannten Pilzgattungen Neodevriesia und Lachnellula sind Mikroorganismen, auch Mikroben genannt. Das sind winzige, mit blossem Auge nicht sichtbare Lebewesen. Je nach Temperatur vermehren sie sich unterschiedlich schnell.

Bisher seien Mikroorganismen als Plastikfresser meist bei Temperaturen über 30 Grad Celsius getestet worden, sagt Joel Rüthi, Hauptautor der Studie, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Erstmals berichtete ein japanischer Wissenschaftler vor rund drei Jahren von einem PET-verdauenden Bakterium. Nun konnten die Wissenschaftler der WSL mit einem Experiment aber zeigen, dass bestimmte Stämme der Mikroorganismen auch bei niedrigen Temperaturen von 15 Grad Polyurethan abbauen können. Das ist der Kunststoff, der zum Beispiel in haushaltsüblichen Küchenschwämmen enthalten ist. 

Für industrielle Recyclinganwendungen sind die kälteangepassten Pilze äusserst wünschenswert, schreiben die Autoren der Studie. Da sie für den Abbau nicht erhitzt werden müssen, können Energie- und Verarbeitungskosten eingespart werden, was den Plastikabbau klimafreundlicher mache.

Der zähe Kampf gegen Plastik 

Plastikfressende Mikroorganismen gelten als wichtige Helfer, um die weltweite Verschmutzung durch Kunststoff einzudämmen. Kunststoffabfall wird gemäss einem Bericht der OECD in den nächsten Jahren drastisch zunehmen. Bereits im Jahr 2019 wurden rund 460 Millionen Tonnen Kunststoff weltweit verbraucht. Schätzungen zufolge schwammen 30 Millionen Tonnen Plastik allein in den Meeren. Die Zahlen heute dürften weitaus höher liegen.

Der drastische Anstieg des Plastikmülls wird dadurch verschärft, dass er sich nur langsam abbaut. Bis sich ein Plastiksack zersetzt, kann es bis zu 20 Jahre dauern, bei einer PET-Flasche sogar 450 Jahre. Dies geschieht vor allem durch die Sonne und Salzwasser. Deshalb wollen die Vereinten Nationen bis 2024 ein internationales Abkommen gegen Plastikmüll verabschieden. 

Die Studie der WSL ist somit ein Hoffnungsschimmer. Auch wenn die Pilze gegen den weltweit am häufigsten verwendeten Kunststoff Polyethylen noch nicht ankommen. Er wird hauptsächlich für Folien und Verpackungen verwendet.