Der Vater sitzt mit pochendem Herzen aufrecht im Bett, während sich die Mutter verschlafen die Augen reibt. Es ist zwei Uhr nachts, als im zweiten Stock eines Einfamilienhauses der schrille Alarm des Rauchmelders ertönt. Tatsächlich wabert dort dichter Rauch an der Decke, es stinkt – nur die Tochter, deren Schlafzimmertür sich direkt neben dem Rauchmelder befindet, rührt sich nicht. 

Dies ist keine erfundene Geschichte, sie steht exemplarisch für den Zweck, den Rauchmelder erfüllen sollen: «Wichtig sind sie vor allem in der Nacht, damit man im Schlaf nicht von Rauch oder Feuer überrascht wird», sagt Markus Hauser, Inhaber und Geschäftsführer der Hauser Feuerschutz AG in Aarau. 
Die Nacht ist die gefährlichste Zeit – denn im Schlaf ruht auch der Geruchssinn. Die giftigen Rauchgase wecken einen also nicht auf. Im Gegenteil: Nach nur wenigen Atemzügen kann bereits Bewusstlosigkeit eintreten. Die meisten der jährlich rund 20 Brandopfer in der Schweiz sterben denn auch nicht durch Flammen, sondern an den Folgen einer Rauchvergiftung. 

Rauchmelder sind hierzulande nicht Pflicht

Was im Einfamilienhaus passiert ist, wird den nun hellwachen Eltern schnell klar: Die Putzfrau hat den Plastikperlen-Vorhang vor dem Zimmer der Tochter über die Wandleuchte im Gang gehängt, die Tochter hat beim Zubettgehen vergessen, das Licht zu löschen – die heisse Halogenlampe brachte den Vorhang zum Schmelzen. Ob es ohne Rauchmelderalarm zu einem Brand gekommen wäre, wollen sich die Eltern nicht ausmalen. 

In etlichen deutschen Bundesländern sind Rauchmelder in Privathäusern gesetzlich vorgeschrieben. In der Schweiz nicht. Die Politik und selbst die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen wollen kein Obligatorium – der richtige Weg sei die freiwillige Montage von Rauchmeldern. 

Hält man sich an die Empfehlungen in den Gebrauchsanleitungen von Rauchmeldern, sollten diese in sämtlichen Räumen installiert werden – ausser in Küche, Bad oder Garage, weil dort Dämpfe, Rauch oder Staub zu Fehlalarmen führen können. «Die meisten installieren mehr Rauchmelder, als eigentlich nötig wären», sagt Experte Markus Hauser. Er gibt aber auch zu bedenken, dass es für Laien nicht immer einfach sei, die nötige Anzahl und die richtigen Installationsorte zu eruieren. Das hänge unter anderem davon ab, wo sich etwaige Fluchtwege befänden oder welche potenziellen Brandauslöser es im Haus gebe (Tumbler, alte Elektrogeräte, Wasserkocher et cetera). 

An der Zimmerdecke montieren

Auch die Gewohnheiten der Bewohner müsse man berücksichtigen: Wird im Schlafzimmer geraucht? Brennen im Wohnzimmer oft Kerzen? Die Minimalanforderung in vielen deutschen Bundesländern lautet: Schlafräume, Kinderzimmer sowie Flure, die als Fluchtwege dienen, müssen mit einem Rauchmelder ausgestattet sein. 
Wer auch Küche oder Bad mit einem Alarm sichern möchte, kann dort einen sogenannten Hitzewarnmelder anbringen: Dieser reagiert, sobald eine Temperatur von 58 Grad Celsius oder mehr erreicht wird. 

Die meisten handelsüblichen Rauchmelder funktionieren nach dem optischen Prinzip: In ihrem Inneren trifft im Normalzustand ein Lichtstrahl auf eine nicht reflektierende Oberfläche. Dringt nun Rauch ein, wird der Lichtstrahl zerstreut und trifft auf eine Fotolinse, die sofort einen Alarm auslöst. 

Rauchmelder sind grundsätzlich dort zu installieren, wo sich Rauch vorwiegend ansammelt: da warme Luft aufsteigt, also jeweils an der Zimmerdecke, möglichst in der Mitte mit einem Mindestabstand von 50 Zentimetern zu Wänden und Hindernissen. Die Montage ist in den meisten Fällen sehr einfach: Ein Sockel wird mit zwei, drei Schrauben an der Decke befestigt und der Warnmelder mit einer Drehbewegung darauf fixiert. Mit einem Durchmesser von 10 bis 15 Zentimetern und einer Höhe von rund 4 Zentimetern sind die Geräte auch relativ klein.

 

50 Prozent der Kinder weckt die Feueralarmsirene nicht auf. Erst wenn sie mit der Stimme der Mutter ergänzt wird, sind 86 bis 91 Prozent wach

 

Gross ist dafür die Produktepalette: Während Online-Händler und Baumärkte viele verschiedene Modelle schon zu Preisen ab 9 Franken anbieten, beschränken sich die Fachhändler meist auf wenige Hersteller, deren Produkte sie überzeugen. Auch bei diesen Geräten sind die einfachsten mit rund 25 bis 35 Franken verhältnismässig günstig. «Ende der neunziger Jahre zahlte man für einen Rauchmelder noch 100 Franken oder mehr», sagt Markus Hauser von der Hauser Feuerschutz AG. Der Experte rät, sich bei der Auswahl auf Testergebnisse zu stützen, etwa jene von «Stiftung Warentest» oder «Kassensturz». In den meisten Fällen genügen für private Wohnungen und Häuser die einfachsten Rauchmeldervarianten. Teurere Geräte, die den Alarm per Funk an die anderen Rauchmelder weitergeben oder gar auf das Smartphone senden, können beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn die Räume weit auseinander liegen und der akustische Alarm deshalb nicht überall gehört würde.

Die Mutter alarmiert wirkungsvoller

Die einfache Variante hat im Einfamilienhaus ausgereicht und die Eltern geweckt, die einen Stock tiefer schliefen. Aber was war mit der Tochter? Sie hat den Rauchalarm direkt vor ihrer Zimmertür schlicht und einfach verschlafen. Das ist aber weder dem Rauchmelder anzulasten noch besonders aussergewöhnlich: 

Die Forschungsabteilung des Nationwide Children’s Hospital in Columbus (USA) hat letztes Jahr in einer Studie mit 176 Kindern im Alter von fünf bis zwölf Jahren herausgefunden, dass die Sirene eines Feueralarms beinahe 50 Prozent der Kinder nicht oder nicht richtig aufwachen lässt. Was die Studie auch gezeigt hat: Wird der Sirene die Stimme der Mutter hinzugefügt, wachen 86 bis 91 Prozent der Kinder auf.

Da ergibt der Passus «gefährdete Personen warnen/mitnehmen» bei den Regeln für ein Verhalten im Brandfall gerade für Eltern noch mehr Sinn.

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Deborah Bischof, Redaktorin
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