Schmetterlinge ernähren sich von Blütennektar. Doch auf den meisten Balkonen dominieren Zierblumen wie Geranien, Petunien, Ranunkel oder Tagetes mit üppigen, bunten, oftmals gefüllten Blüten, die zwar schön anzusehen sind, aber meist weder Staubblätter noch Nektar produzieren. Auf einer Terrasse mit 100 englischen Rosen würde ein Schmetterling also glatt verhungern.

Vor 100 Jahren schwirrten im Schweizer Mittelland rund 100 Mal so viele Tagfalter herum wie heute. Fast die Hälfte der knapp 200 heimischen Arten ist laut Pro Natura gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Und weil ihr natürlicher Lebensraum immer mehr überbaut wird, ist es wichtig, dass die filigranen Flatterer auch in den Städten Energie tanken können.

Viele Naturfreunde würden gern eine blühende Schmetterlingsoase schaffen, sind jedoch der Ansicht, dass sie dafür viel Platz bräuchten. Und dass die Schmetterlinge ihren Stadtbalkon im fünften Stock sowieso nicht finden würden. «Das stimmt beides nicht», sagt die Biologin und Pro-Natura-Mitarbeiterin Franziska Kaiser. Im letzten Jahr pflanzte sie auf dem Kiesplatz vor ihrem Wohnblock einige Wildblumen. «Ich wusste, dass Falter und andere Insekten Blumendüfte über weite Distanzen riechen können.» Trotzdem war Kaiser erstaunt, wie rasch die Schmetterlinge die Nahrungsquellen fanden, «denn ich wohne in einer ziemlichen Betonwüste».

Wer seinen Balkon naturnah gestalten möchte, sollte sich zuerst überlegen: Was will ich genau? Will ich Rosen und Geranien mit einheimischen Wildpflanzen kombinieren? Oder möchte ich den ganzen Balkon naturnah gestalten? Bei der Auswahl der Pflanzen sind folgende Fragen wichtig: Wie sonnig ist der Balkon oder die Terrasse? Wie viel Platz steht zur Verfügung? Achten sollte man ausserdem auf eine gestaffelte Blütezeit. So bleibt der Balkon vom ersten Frühlingstag bis in den Spätherbst für Schmetterlinge, Hummeln und Bienen attraktiv.

Speisepläne für Raupen und Falter

Wer viel Natur auf seinem Balkon anstrebt, aber den Aufwand scheut, ist mit mehrjährigen Wildstauden gut bedient: Unter anderem gedeihen die Margerite, die Kartäusernelke, die Moschusmalve, der Wiesensalbei und das blaublühende Alpenleinkraut gut in Balkontöpfen. Man kann die Falter auch gezielt mit Futterpflanzen anlocken. Den Nektar des blühenden Majorans etwa lieben gleich mehrere Arten: der Kleine Fuchs, das Tagpfauen- und das Ochsenauge. Das Tagpfauenauge ernährt sich zudem vom ebenfalls balkontauglichen Wasserdost. Auch dem Admiral und dem Distelfalter behagt diese Sumpfpflanze.

Doch was dem Schmetterling zusagt, schmeckt der Raupe gar nicht. Sie ernährt sich nicht von Nektar, sondern hauptsächlich von Blättern, und bevorzugt deshalb ganz andere Futterpflanzen. Die Raupe des Ochsenauges frisst einheimische Gräser, die des Kleinen Fuchses und des Tagpfauenauges ausschliesslich Brennnesselblätter. Zugegeben: Eine Schönheit ist die Brennnessel nicht gerade. Dafür bietet sie Nahrung für mehrere Raupenarten und lässt sich gut in einem grösseren Topf auf dem Balkon halten.

Auch einheimische Beerensträucher wie Johannis- oder Himbeere gedeihen gut auf dem Balkon. Schmetterlinge und Wildbienen freuen sich darüber genauso wie über blühende Gewürzpflanzen, etwa Thymian, Salbei, Melisse oder Lavendel.

Ist die Pflanzenauswahl einmal getroffen, geht die Arbeit erst richtig los. Die Töpfe sollten Frost aushalten und vorzugsweise aus Ton, Fiberglas oder dem Kunststein Polystone sein. In diesen Materialien trocknet die Erde nicht so schnell aus wie in Plastiktöpfen. «Das Wichtigste ist, dass der Boden ein Entwässerungsloch hat, denn Staunässe lässt die Pflanzen faulen», sagt die Zürcher Oberländer Gartenberaterin Claudia Küng. Ein Unterteller verhindert, dass überschüssiges Wasser auf den Balkon einen Stock tiefer rinnt. Weil sich darin Wasser sammelt, empfiehlt Küng, den Topf auf Tonfüsse zu stellen. Das schützt die Pflanze auch vor Bodenkälte. Blumentöpfe mit integriertem Wasserspeicher oder automatische Bewässerungsanlagen ersparen dem Hobbygärtner Arbeit.

Gedüngte Pflanzen ziehen Läuse an

Beim Kauf der Erde sollte man darauf achten, dass sie keinen Torf enthält. Dessen Abbau zerstört Moorlandschaften, die wiederum Lebensraum seltener Schmetterlingsarten sind. Die Biologin Franziska Kaiser empfiehlt, möglichst auf Dünger zu verzichten, auch auf biologischen – Wildpflanzen kommen mit magerem Boden gut zurecht. Ausserdem sind zu stark gedüngte Pflanzen für Schädlinge wie Blattläuse attraktiv. Damit die mehrjährigen Wildpflanzen genügend Nährstoffe bekommen, kann man im Frühling etwas Kompost unter die Erde mischen.

Und wenn die Pflanzen trotzdem von Läusen befallen werden? Kaiser plädiert für geduldiges Abwarten: «Meist dauert es nicht lange, bis Marienkäfer oder Schwebfliegenlarven auftauchen und die Läuse fressen.» Falsch wäre es, die Läuse mit Insektiziden zu bekämpfen. Dann wäre die ganze Arbeit umsonst, da Schädlingsbekämpfungsmittel auch den Schmetterlingen und Wildbienen schaden.

Weitere Infos

Praktische Liste der Schmetterlingspflanzen: www.wildstauden.ch

Lektüretipps

  • Karl Ploberger: «Balkone und Terrassen naturnah gestalten»; Österreichischer Agrarverlag, 2008, 80 Seiten, Fr. 19.90