Es gibt viele gute Gründe, eine Weiterbildung anzugehen: weil sich die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt verändern, weil man sich persönlich weiterentwickeln will oder einfach um etwas Neues auszuprobieren – aus Spass an der Freude. Oft sind verschiedene Motivationen miteinander verknüpft: Man ist beruflich eingependelt bis festgefahren, und der private Alltag verläuft in fast allzu geordneten Bahnen. Klar ist einzig: Es soll sich was bewegen. Aber wie?

Eine Querflöte löst nicht alle Probleme

«Wer etwas ändern will, sollte sich zuerst überlegen, ob ihn die Weiterbildung beruflich oder persönlich voranbringen soll», sagt Arbeitspsychologin Irene Campi. Die 54-Jährige leitet die Fachstelle Beratung Plus in Baden AG. Eines ihrer Fachgebiete ist Personalentwicklung.

Laut Campi entscheiden sich Menschen oft aus einer diffusen Unzufriedenheit heraus für eine Weiterbildung und unternehmen dann unüberlegte Schritte. Konkret: Wer im Beruf nicht glücklich ist, wird daran nichts ändern, indem er anfängt, Querflöte zu spielen.

Die Entscheidung für berufliches oder persönliches Weiterkommen gibt deshalb die erste Grundrichtung vor, um eine passende und vor allem befriedigende Weiterbildung zu finden.

Solche Orientierungshilfen sind wichtig, zumal das Angebot schier unbegrenzt ist: MBA, Fotokurs, Meditation, Fremdsprache oder Handwerk; jeweils kurz und intensiv oder langfristig und berufsbegleitend; als Fernstudium oder vor Ort im Klassenverband. Allein die Migros-Klubschule hat über 600 Angebote in allen möglichen Bereichen und Formen und von unterschiedlicher Dauer. Der Übergang vom erfüllenden Hobby zur beruflich nutzbaren Weiterbildung ist dabei fliessend.

Karrieretechnisch sei es meistens nicht sinnvoll, sich völlig neu zu orientieren, sagt Campi. «Wer am Arbeitsplatz vorankommen will, sollte sich möglichst nah am ursprünglichen Beruf weiterbilden, im Sinne einer Spezialisierung», so die Arbeitspsychologin. Wie weit dies möglich sei, hänge allerdings von der vorherigen beruflichen Qualifikation ab.

Gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) nahm 2009 fast jede zweite Person in der Schweiz zwischen 25 und 64 Jahren an einer Weiterbildung teil – Männer etwas häufiger (51,3 Prozent) als Frauen (47,5 Prozent).

Wer sich für eine berufliche Weiterbildung entschieden hat, sollte sich zur weiteren Eingrenzung bewusstmachen, welche Bereiche er weiterentwickeln will: methodische Fähigkeiten, Fachwissen oder soziale Kompetenzen. Dabei helfen verschiedene Leitfragen: «Was fehlt mir?» Oder: «Wo kann ich mich verbessern?» Und natürlich: «Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten sind beim Arbeitgeber gefragt?»

Nicht nur interessant – auch anerkannt

Damit sich die Weiterbildung aber beruflich auch auszahlt, ist vor allem entscheidend, dass der angestrebte Abschluss bei den Arbeitgebern anerkannt ist. Irgendeine Schnellbleiche an einem Feld-Wald-und-Wiesen-Institut entpuppt sich schnell als reine Geld- und Zeitverschwendung. Es lohnt sich daher, die einzelnen Anbieter genau unter die Lupe zu nehmen, bevor man sich für einen Lehrgang entscheidet.

Es ist wichtig, zielgerichtet vorzugehen: Viele kleine Weiterbildungen können zwar interessant sein, sie tragen allerdings meist nicht zur Verbesserung der beruflichen Stellung bei. «Man sollte auch keine Weiterbildung anfangen, an der man zweifelt. Ein allfälliger Abbruch wird einem nur schaden, finanziell wie auch persönlich», so Irene Campi. Neben einem entmutigenden Knacks im Ego würde sich das Gefühl verstärken, der ungeliebten Situation nicht entkommen zu können: «Danach ist man vielleicht unzufriedener als zuvor.»

Alles bedenken: Geld, Zeit und Familie

Um einen entsprechenden Fehlschlag zu verhindern, gilt es, die Phase, in der die Weiterbildung tatsächlich stattfindet, gut zu planen. «Eine Weiterbildung ist ein anstrengender Abschnitt», so Campi. Seriöse Weiterbildungsinstitutionen böten Beratung für die Planung, damit ein Abschluss nicht an äusseren Faktoren wie finanziellen, organisatorischen und zeitlichen Ressourcen oder an der familiären Situation scheitert. «Gerade bei einer Weiterbildung aus beruflicher Unzufriedenheit ist der Abschluss das oberste Ziel», sagt Campi.

Viel schöner ist es natürlich, wenn man eine Weiterbildung aus Lust aufs Neue in Angriff nimmt. In diesem Fall gibt vor allem das eigene Wohlbefinden die Richtung vor – Fragen wie: «Passen mir die Leute, die Institution, die Termine, der Kursort?» Nicht irgendein Abschluss, sondern der Weg ist hier das Ziel.

Gemäss den BFS-Zahlen absolvieren Frauen öfter Weiterbildungen, die nicht beruflich orientiert sind. «Männer sind eher auf Karriere bezogen», sagt Psychologin Campi. Frauen kämen zum Beispiel häufig nach einer längeren beruflichen Auszeit, «zum Beispiel nach einer Trennung oder nachdem sie 15 Jahre lang Familienfrau waren». Diese Frauen versuchten dann manchmal, auch ihrem Berufsleben eine ganz neue Richtung zu geben. Da müsse sie bisweilen ein bisschen bremsen, sagt Campi, vor allem wenn die Weiterbildungswilligen finanziell nicht allzu gut aufgestellt seien: «Aber wenn das Geld vorhanden ist, kann frau sich natürlich gut zur Naturärztin ausbilden lassen.»

Weiterbildung werde nur bis zu einem gewissen Alter als Chance empfunden – und es fällt in jüngeren Jahren auch leichter, Neues zu lernen. «Es lohnt sich deshalb, Weiterbildung lieber früher als später in Angriff zu nehmen.»

Sechs Schritte zur richtigen Weiterbildung

Klicken Sie auf die Grafik, um sie vergrössert anzuzeigen. (Quelle: «Lust auf Weiterbildung» von Regula Zellweger (2. Auflage, Zürich 2005); Infografik: Beobachter/MT

Quelle: Thinkstock Kollektion