«Bei immungeschwächten Personen kann sich eine Reihe schwerer Symptome mit unter Umständen tödlichem Ausgang entwickeln»: Mit dieser drastischen Mitteilung warnte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Mitte Juli vor dem Verzehr von geräuchertem Fisch einer Thurgauer Räucherei.

In den geräucherten Forellen, Lachsforellen und dem Rauchlachs der Ostschweizer Firma waren Listerien entdeckt worden, ein Bakterium, das für Menschen mit schwachem Immunsystem gefährlich werden kann (siehe Infobox). Die Produkte, die unter anderem auch in Filialen von Coop, Migros und Volg verkauft wurden, sind sofort aus den Regalen genommen worden, die Produktion im Thurgauer Betrieb wurde umgehend gestoppt.

Für eine Person kam die Warnung des BLV aber zu spät: Wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nun bekannt gab, verstarb sie an den Folgen einer Listerien-Erkrankung. 19 weitere Personen mussten ins Spital. Die Betroffenen sind zwischen 58 und 89 Jahre alt.

Es kam bereits ab 2018 zu einer Häufung von Fällen

Listeriose-Fälle sind in der Schweiz meldepflichtig. Das BAG untersucht seit 2020 routinemässig die Fälle detailliert und befragt die Betroffenen systematisch nach ihren Essgewohnheiten. Auf diese Weise können die Behörden rasch erkennen, ob es eine spezifische Quelle für Krankheitsherde gibt oder ob es sich um eine zufällige Häufung von Erkrankungen handelt.

Bereits zwischen 2018 und 2020 war es zu einer Häufung von Listeriose gekommen, wie die Krankheit im Fachjargon heisst. In diesen zwei Jahren stellte das BAG bei 34 Personen den gleichen Erregerstamm fest. Als Ursache der Listerien-Erkrankungen konnten die Behörden Käse einer Schwyzer Käserei feststellen. Für zehn Patienten endete der Verzehr der Käseprodukte dramatisch: Sie starben. 

In der Folge hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz eine Untersuchung eröffnet wegen Verdachts auf mehrfache fahrlässige Tötung, mehrfache fahrlässige Körperverletzung sowie Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz. Wie sie auf Anfrage mitteilt, ist das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Käserei stellte 2020 ihren Betrieb ein.

Auch beim aktuellen Todesfall werden die Strafverfolgungsbehörden nun aktiv: Wie die Thurgauer Staatsanwaltschaft mitteilt, hat sie ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eröffnet. Bereits letztes Jahr hat das Thurgauer Kantonslabor zudem eine Strafanzeige wegen Vergehen gegen das Lebensmittelgesetz eingereicht. Das Verfahren ist hängig, für beide Straftatbestände gilt die Unschuldsvermutung.

Nach dem Rückruf des BLV und dem angeordneten Produktionsstopp hatte die Thurgauer Räucherei gemeinsam mit Experten der Universität Zürich die Ursache der Verunreinigung ermittelt, wie der Firmenchef im Herbst zur «Thurgauer Zeitung» sagte. Erst nachdem die Produktionsstätte dekontaminiert, desinfiziert und der Mangel behoben war, erhielt die Firma wieder grünes Licht für die weitere Produktion.

Das müssen Sie über Listerien wissen:

Was sind Listerien?

Listerien sind Bakterien, die sowohl in tierischen als auch pflanzlichen Produkten vorkommen können. Das Fiese: Der Erreger ist sehr widerstandsfähig und kann bei Temperaturen von –0,4 bis +45 Grad Celsius überleben. Das heisst, dass er sich auch im Kühlschrank vermehrt und nur bei starker Erhitzung der Lebensmittel abgetötet werden kann. 

In welchen Lebensmitteln kommen Listerien vor?

Listerien kommen vor allem in Fleisch, Fleischerzeugnissen wie Wurst, Fisch, geräuchertem Fisch, Milch und Milchprodukten wie Käse oder auch Geflügel vor. Manchmal können auch pflanzliche Produkte wie Fertigsalate befallen sein.

Was passiert, wenn man ein mit Listerien befallenes Lebensmittel konsumiert?

Wie das deutsche Robert-Koch-Institut auf seiner Website schreibt, infizieren sich gesunde Menschen selten mit dem Erreger. Findet dennoch eine Infektion statt, zeigen sich meist nur leichte Symptome wie Fieber und Durchfall. 

Bei Personen mit einem angeschlagenen Immunsystem, Patienten mit schweren Vorerkrankungen wie Tumoren oder Aids und bei Personen ab 50 Jahren kann eine Listerien-Erkrankung aber schwere Folgen haben: Da das Bakterium die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, kann es eine schwere, eitrige Hirnhautentzündung, Lungenentzündung oder auch eine Blutvergiftung auslösen. 

Besonders achtsam müssen auch Schwangere sein. Denn während die Mutter unter Umständen keine bis nur leichte Krankheitssymptome hat, können die Listerien beim ungeborenen Kind schwere Schäden anrichten. Es kann zu einer Früh- oder Totgeburt kommen oder aber das Kind kommt infiziert zur Welt. Diese Kinder können nach der Geburt an Atemnot, Hautschäden, einer Blutvergiftung oder einer Hirnhautentzündung leiden.

Ist eine Listerien-Erkrankung heilbar?

Grundsätzlich kann man eine Listeriose mit Antibiotika behandeln. Da die Erkrankung häufig aber relativ spät entdeckt wird, kann es zu Komplikationen kommen, und es gibt immer wieder Todesfälle. Wie das BAG auf seiner Website schreibt, sterben bis zu 20 Prozent der Patienten, bei denen eine akute Erkrankung diagnostiziert wurde.

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