So vermeiden Sie Krach ums Vermächtnis
Wenn im Testament ein Vermächtnis angeordnet wird, kann das zu Unsicherheiten oder gar Streit führen. Drei Beispiele, wie man das verhindert.
Veröffentlicht am 12. Mai 2025 - 11:38 Uhr
1. Ich möchte mehreren Leuten in meinem Testament Geld vermachen. Aber woher weiss ich, wie viel bei meinem Tod noch da sein wird?
Das kann man tatsächlich nie genau wissen. Gerade ein langer Aufenthalt im Heim kann selbst ein ansehnliches Vermögen schmelzen lassen.
Aber von dieser Unsicherheit müssen Sie sich nicht abhalten lassen, denn es gibt einen einfachen Trick: Statt Summen können Sie Quoten festlegen. Dann spielt es keine Rolle, wie viel Geld am Ende noch vorhanden ist – die Vermächtnisnehmer erhalten einfach einen Prozentsatz.
So verhindern Sie auch, dass die Pflichtteile der Kinder oder des überlebenden Ehepartners verletzt werden. Denn in diesem Fall müssten die Vermächtnisse entsprechend gekürzt werden. Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, ist also auch eine Quote.
Wenn Sie nun etwa Witwer mit zwei Kindern sind, beträgt der Pflichtteil der Kinder 50 Prozent. Die anderen 50 Prozent sind frei verfügbar. Sie können also Vermächtnisse in der Höhe von maximal 50 Prozent ins Testament schreiben.
Wie hoch ist der gesetzliche Erbanteil der Kinder oder des (Ehe-)partners? Kann man diesen mit dem Pflichtteil weiter begrenzen? Testen Sie den Erbrechner des Beobachters und finden Sie es anhand Ihrer Lebens- und Familiensituation heraus.
2. Meine Gotte hat mir Geld vermacht. Sie war aber lange im Pflegeheim. Was, wenn sie Schulden hat – soll ich das Vermächtnis ausschlagen?
Nein. Wenn jemand stirbt, gehen alle Aktiven und Passiven automatisch auf die Erben über. Das nennt man Universalsukzession. Die Erben haben dann drei Monate Zeit, zu entscheiden, ob sie das Erbe antreten oder doch ausschlagen wollen, um keine Schulden zu erben.
Als Vermächtnisnehmerin sind Sie aber nicht Erbin. Sie haben weniger Rechte: Sie können bei der Nachlassabwicklung nicht mitwirken und auch nicht wählen, was Sie aus dem Nachlass übernehmen möchten. Dafür haften Sie auch nicht für allfällige Schulden.
Sie haben einzig und allein Anspruch auf das Vermächtnis. Das kann eine gewisse Summe oder ein Prozentsatz des Nachlasses sein oder auch ein Gegenstand oder eine Dienstbarkeit, etwa ein Wohnrecht.
Sofern der Nachlass nicht überschuldet ist und das Vermächtnis keine Pflichtteile verletzt, müssen die Erben es Ihnen übertragen, sobald das möglich ist.
3. Meine verstorbene Nachbarin hat mir 10’000 Franken vermacht. Doch ich habe seit anderthalb Jahren nichts erhalten – was soll ich tun?
Mahnen Sie die Erben, denn sie müssen das Vermächtnis ausrichten. Damit setzen Sie die Erben in Verzug und können ab diesem Zeitpunkt fünf Prozent Zins verlangen.
Wenn trotzdem nicht gezahlt wird, können Sie die Betreibung einleiten. Dafür muss die Forderung fällig sein. Das ist bei Barlegaten normalerweise nach Ablauf der dreimonatigen Ausschlagungsfrist der Fall. Die Testamentseröffnung ist ein sogenannter Rechtsöffnungstitel – das hilft Ihnen im Betreibungsverfahren.
Ginge es um ein Quotenvermächtnis – zum Beispiel zehn Prozent des Nachlasses –, müsste erst der geschuldete Betrag ermittelt werden. Dafür müssen der Nachlass abgewickelt und alle Erbschafts- und Erbgangsschulden getilgt werden. Solange der Betrag nicht unumstritten feststeht, bringt eine Betreibung nichts.
Wenn Sie über die Betreibung nicht weiterkommen, können Sie Ihre Forderung mittels Vermächtnisklage durchsetzen. Die verjährt nach zehn Jahren. Dagegen wehren können sich die Erben nur, wenn der Nachlass nicht ausreicht, um das Vermächtnis auszurichten, oder wenn durch das Vermächtnis ihre Pflichtteile verletzt werden.
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