Mit einer grossen Rente von der Pensionskasse hat Bettina Schwab nie gerechnet. Aber der Brief der Axa Sammelstiftung wenige Monate vor ihrer Pensionierung war für die Aargauerin dann doch ein Schlag. «Die Rente hätte weniger als zehn Prozent einer einfachen AHV-Mindestrente AHV-Rente Wie viel Geld steht mir im Alter zu? betragen. Deshalb wird mir das Alterskapital ausbezahlt. Aber eben nicht einmal die Hälfte von dem, was ich über all die Jahre eingezahlt habe.»

Konkret: Schwab und ihr Arbeitgeber hatten 12'674 Franken in die Pensionskasse eingezahlt. Erhalten hat sie aber nur 5679 Franken – 6995 Franken hat die Axa für Verwaltung und Risikoversicherung berechnet.

«Es kann doch nicht sein, dass die Verwaltungskosten und Risikobeiträge höher sind als das Alterskapital», dachte sich Bettina Schwab. Sie reklamierte bei der Axa, wandte sich an den Ombudsmann der Privatversicherung und schrieb Bundesrat Alain Berset einen Brief.

All das brachte nichts

Schwabs mickrige berufliche Vorsorge wurde gesetzeskonform berechnet. Sie ist in die Teilzeitfalle geraten. Vor Jahren hatte sie sich ihr Alterskapital auszahlen lassen. Bis 1995 war es möglich, dieses bei Heirat und Aufgabe der Berufstätigkeit zu beziehen. Nur die letzten acht Jahre bis zur Pensionierung zahlte sie wieder in die zweite Säule ein. Sie arbeitete 30 Prozent in einem kleinen Metallbaubetrieb, entsprechend tief war ihr Lohn.

Doch auf Leute wie Bettina Schwab nimmt das Gesetz zur beruflichen Vorsorge keine Rücksicht. Es geht von der Vollzeitbeschäftigung aus und sieht einen sogenannten Koordinationsabzug von aktuell 24'675 Franken vor. Dieser Abzug soll verhindern, dass man den bereits durch die AHV abgesicherten Lohnanteil ein zweites Mal versichern muss.

Wie funktioniert die Pensionskasse?

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Achtung: Seit 2023 müssen Angestellte 22’050 Franken jährlich verdienen, um bei der Pensionskasse des Arbeitgebers obligatorisch versichert zu sein.
Quelle: Beobachter Bewegtbild
25-Prozent-Rente für 50-Prozent-Job

Doch für viele Teilzeitbeschäftigte geht diese Rechnung nicht auf. Denn die meisten Pensionskassen rechnen mit dem vollen Abzug – unabhängig vom Beschäftigungsgrad. Die Folgen bei einem Bruttolohn von 75'000 Franken: Bei einem 100-Prozent-Pensum sind 50'325 Franken (75'000 minus 24'675) versichert; bei einem 50-Prozent-Pensum sind es hingegen nur noch 12'825 Franken (37'500 minus 24'675). Der Teilzeiter erhält hier also höchstens einen Viertel der PK-Rente eines Vollzeitangestellten.

Bei Bettina Schwab war nur das gesetzliche Minimum von 3525 Franken pro Jahr versichert, mit einer jährlichen Sparprämie von 620 Franken. Bei der Risikoprämie ging man von ihrem gesamten Einkommen aus. Daher wurden ihr gut 270 Franken verrechnet. Für Vertrieb und Verwaltung wurden in ihrem letzten Berufsjahr knapp 520 Franken abgezogen. Der Aufwand sei unabhängig von Beschäftigungsgrad und Höhe des versicherten Lohns immer gleich gross, erklärt die Axa Sammelstiftung.

Mehr zu Teilzeitarbeit & Co. bei Guider

Wer in einem besonderen Arbeitsverhältnis steht, hat meistens Sonderbestimmungen zu beachten. Guider erläutert Beobachter-Abonnenten, welche Rechtsfragen sich unter anderem bei einer Teilzeitarbeit, bei Arbeit auf Abruf, bei Mehrfachbeschäftigungen oder bei Anstellungen in Privathaushalten stellen können.

Im Moment gehen sechs von zehn erwerbstätigen Frauen und knapp zwei von zehn Männern einer Teilzeitarbeit nach. 24,7 Prozent der Frauen und 6,8 Prozent der Männer arbeiten weniger als 50 Prozent. Das sind rund 750'000 Arbeitnehmer. Die meisten haben Vorsorgelücken Als Mutter Teilzeit arbeiten Ein Ehemann ist keine Altersvorsorge . Wie viele weniger als 21'150 Franken verdienen und so von der obligatorischen beruflichen Vorsorge ausgeschlossen sind, ist unbekannt.

Die Politik sucht Lösungen

Bisher sind alle Anläufe gescheitert, die Situation der Teilzeiter zu verbessern. Die im letzten Herbst an der Urne abgelehnte Altersreform 2020 Altersvorsorge 2020 Wer profitiert, wer verliert: Was bringt die Rentenreform? hatte eine Senkung des Koordinationsabzugs auf 14'100 Franken und eine Flexibilisierung abhängig vom Einkommen vorgesehen. Sie hätte die Situation der Wenigverdiener etwas entschärft.

Teilzeit Altersvorsorge

55 Prozent der PK-Beiträge von Bettina Schwab gingen für Verwaltung und Risikobeiträge drauf.

Quelle: Salvatore Vinci

Schon länger hängig ist eine parlamentarische Initiative der FDP, die den Koordinationsabzug in Prozenten des Arbeitspensums festlegen will. Wer mehrere Teilzeitjobs hat , bei dem sollen sich die Arbeitgeber einigen, wer die Versicherung führt. Die anderen sollen dann ihre Beiträge an die entsprechende Vorsorgeeinrichtung einzahlen.

Wie es weitergeht, ist offen. «Wir haben uns in dieser Frage noch nicht festgelegt», sagt Daniel Lampart vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Grundsätzlich sei es aber so, dass die AHV für Teilzeitbeschäftigte mit tiefen Löhnen attraktiver sei als die zweite Säule. Martin Kaiser vom Arbeitgeberverband sagt, man wolle «eine angemessene Senkung des Koordinationsabzugs prüfen».

Mehrere Jobs: Wie bei der PK versichert?

Wer mehrere Arbeitgeber hat, muss speziell auf die zweite Säule achten. Obligatorisch versichert ist nur, wer über 21'150 Franken verdient.

  • Bei zwei Teilzeitjobs mit je über 21'150 Franken Verdienst ist man meist bei zwei Pensionskassen versichert. Das ist dann besonders ungünstig, wenn beide den vollen Koordinationsabzug von 24'675 Franken berechnen. Ein Ausweg: Man versichert beide Einkommen bei einem der Arbeitgeber. Das aber ist nur möglich, wenn die Pensionskasse das zulässt.
  • Wenn das Gesamteinkommen aus mehreren Jobs über 21'150 Franken liegt, kann man sich freiwillig einer Pensionskasse anschliessen. Das geht aber auch nur dann, wenn das PK-Reglement das erlaubt. Andernfalls bleibt nur die Stiftung Auffangeinrichtung BVG, die dann die entsprechenden Arbeitgeberbeiträge einfordert.
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