Für Eltern ist es schon fast ein Ritual: In schöner Regelmässigkeit bringt der Nachwuchs ein Papier zum Unterschreiben nach Hause – vom Sportverein, von der Schule oder von der Pfadi. Alle wollen nur das eine: die Kinder bei allerlei Aktivitäten fotografieren oder filmen und die Aufnahmen dann online stellen oder in einer Vereinszeitung publizieren. Denn ohne vorher zu fragen dürfen sie das nicht. Auch Kinder und Jugendliche haben Persönlichkeitsrechte, in diesem Fall das Recht am eigenen Bild.

Sobald sie ab etwa 14 Jahren urteilsfähig sind, nehmen sie dieses selber wahr. Wer auch immer Aufnahmen von ihnen veröffentlichen will, braucht zuvor ihr Einverständnis – mündlich oder schriftlich, dann in Form einer unterschriebenen Einverständniserklärung. Bei jüngeren Kindern müssen die Eltern signieren. Und zwar beide. Im gleichen Haushalt lebende sowie getrennt lebende Eltern, die noch nicht geschieden sind, teilen sich das Sorgerecht und müssen deshalb auch beide mit den Aufnahmen und der Veröffentlichung einverstanden sein, erklärt der Basler Medienrechtler Tobias Treyer. Bei geschiedenen Eltern reiche die Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils. «Doch da das gemeinsame Sorgerecht künftig zur Regel werden soll, verliert dieser Unterschied an Bedeutung», sagt Treyer.

Generell tun Eltern gut daran, nicht einfach blind zuzustimmen. Sie sollten darauf achten, dass die konkreten Verwendungszwecke und Medienkanäle genannt werden. «Blankoeinwilligungen, die der Organisation freie Hand zur Verwendung der Bilder geben, sind nicht gültig», erklärt Eliane Schmid, Mediensprecherin des eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Das Einverständnis gilt jeweils nur für die in der Erklärung bezeichneten Zwecke und kann auch nachträglich jederzeit wieder zurückgezogen werden.

Sind die Eltern mit einzelnen Arten der Veröffentlichung nicht einverstanden, können sie handschriftlich Ausnahmen hinzufügen und beispielsweise Internetpublikationen ausschliessen. Auch dies ist keine schlechte Idee, denn ob ein Foto in einer Schülerzeitung gedruckt wird oder im Internet landet, ist ein grosser Unterschied: «Im Web ist es, sofern der Zugang nicht beschränkt wird, für jedermann auffindbar, und seine Verbreitung lässt sich praktisch nicht kontrollieren», sagt Schmid.

Erlaubnis auch für Postings auf Facebook

Allerdings ist nicht in jedem Fall eine Einwilligung nötig. Nimmt ein Kind zum Beispiel mit der Meitliriege am Turnerabend teil, müssen die Eltern schlicht damit rechnen, dass dort Bilder gemacht und irgendwo veröffentlicht werden. Es handelt sich um einen öffentlichen Anlass. Dies gilt jedenfalls, solange keine Porträtbilder geschossen werden. Ist das Kind auf einer Aufnahme eindeutig identifizierbar, braucht es zumindest die mündliche Zustimmung der Eltern oder – je nach Alter – des Kindes. «Idealerweise weist der Veranstalter auch bei einem öffentlichen Anlass im Vorfeld darauf hin, dass fotografiert und gefilmt wird», sagt Eliane Schmid. Doch auch dann braucht es für Nahaufnahmen in jedem Fall eine separate Zustimmung.

Noch strenger sind die Auflagen, wenn der Verein, etwa bei der Hauptprobe vor dem Turnerabend, Fotos für die Website oder den Jahresbericht schiesst. In diesem Fall müssen die betroffenen Kinder oder deren Eltern zwingend zustimmen, selbst wenn nur Gruppenaufnahmen gemacht werden. Schliesslich muss man nicht automatisch davon ausgehen, dass Bilder von einem privaten Anlass veröffentlicht werden. «Grundsätzlich gilt: Je privater ein Anlass und je besser erkennbar eine Person auf einem Bild ist, desto eher muss das Einverständnis vorher eingeholt werden», fasst Medienanwalt Tobias Treyer die Rechtslage zusammen.

Nicht klar geregelt ist, in welchen Fällen ein mündliches Einverständnis ausreicht und wann es zwingend eine schriftliche Einwilligung braucht. Eliane Schmid vom eidgenössischen Datenschutz weist darauf hin, dass auch eine sogenannte konkludente Einwilligung gültig ist. Eine solche liegt vor, wenn Eltern vor einem Anlass auf mögliche Aufnahmen hingewiesen werden, aber nichts dagegen einwenden. Den Verantwortlichen in Vereinen, Schulen und anderen Organisationen rät Anwalt Tobias Treyer, grundsätzlich immer ein schriftliches Einverständnis einzuholen. «Das bedeutet zwar ein wenig Aufwand, dafür steht man dann auf der sicheren Seite.»

Wer keine Einwilligung zur Veröffentlichung gegeben hat, kann verlangen, dass das Bild ausgehändigt und sofort von der Website und aus dem Archiv gelöscht wird. Im Streitfall können Eltern auch eine Zivilklage wegen Persönlichkeitsverletzung einreichen und eine Genugtuungszahlung verlangen. Diese fällt, sofern sie gewährt wird, in der Regel aber eher gering aus.

Was für Schulen und Vereine gilt, ist im Übrigen auch unter Privaten zwingend: Wann immer Fotos von anderen Personen in irgendeiner Form publiziert werden, müssen diese zuvor gefragt werden. «Das gilt auch für Postings auf Facebook oder in anderen sozialen Medien», betont Eliane Schmid.