Pharma

Im Dezember 2020 beschlagnahmt der belgische Zoll im Hafen von Antwerpen mehrere Paletten mit Medikamenten. Das Ziel: eine Firma in der libyschen Stadt Bengasi. Der Absender: ein Pharmaunternehmen mit Sitz in Genf. Die Zöllner vermuten ein illegales Geschäft und verständigen die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic. Die bestätigt den Verdacht umgehend: Das Unternehmen hat keine Bewilligung für den Handel mit Medikamenten. Swissmedic leitet umgehend eine Untersuchung ein. 

Knappe drei Jahre später liegt das Resultat vor. Auf 43 Seiten beschreibt Swissmedic in einem Strafbescheid, wie man versucht hat, die Geschäfte zu durchleuchten. Das Verfahren zeigt: Mit einem Briefkasten und ein paar Angestellten einer Treuhandfirma lassen sich in der Pharmabranche Millionen machen. 

Medikamente waren nie in der Schweiz

Die Juristinnen und Juristen von Swissmedic stiessen bei ihrer Untersuchung schnell auf eine weitere Schweizer Firma, die ohne Bewilligung mit Medikamenten handelte. Beide Unternehmen gehören zu einer Holdinggesellschaft, die an der Adresse eines Anwaltsbüros in Sitten domiziliert ist. Wirtschaftlich berechtigt an den Firmen ist nach Erkenntnissen von Swissmedic ein tunesischer Geschäftsmann.

Die Medikamente, mit denen die Firmen handelten, stammten meist aus Frankreich. Schweizer Boden berührten sie nie, sondern wurden jeweils direkt ab Fabrik nach Libyen verschifft. Doch selbst wenn das Geschäft nur administrativ über die Schweiz läuft, braucht es dazu laut Heilmittelgesetz eine Bewilligung von Swissmedic. Keine der Tochterfirmen hatte eine. 

Wie lukrativ die Geschäfte mit Libyen waren, zeigt ein Blick in den Strafbescheid: Innert vier Jahren machten die Walliser Holding und ihre Genfer Tochterfirma, die in den Handel involviert waren, damit einen Umsatz von rund 20 Millionen Franken. 

Firmenstruktur offenbar absichtlich undurchsichtig gehalten

Swissmedic trennte die Verfahren gegen die beiden Firmen schliesslich auf. Im jetzt veröffentlichten Strafbescheid gegen die im Wallis ansässige Holding verhängte die Arzneimittelbehörde eine Busse von 70’000 Franken und eine Ersatzforderung für die illegal erzielten Gewinne von 450’000 Franken. Auch die gegen die Genfer Tochtergesellschaft verhängte Busse ist im Entscheid erwähnt. Sie fiel mit 170’000 Franken um einiges höher aus als bei der Holding. Zudem wurde bei der Tochtergesellschaft ein illegal erzielter Gewinn von einer halben Million Franken eingezogen.

Für Swissmedic ist der Fall abgeschlossen. Aus dem Strafbescheid geht jedoch deutlich hervor, dass die Arzneimittelbehörde gern härter durchgegriffen und die effektiv Verantwortlichen bestraft hätte. Es lasse sich jedoch keine Person eruieren, die den illegalen Medikamentenhandel angeordnet habe, heisst es im Strafbescheid. Die Firmenstruktur sei offenbar absichtlich undurchsichtig gehalten.