Wie wirksam sind Hausmittel? Ein Fakten-Check
Viele Hausmittel versprechen rasche Linderung bei Grippe- und Erkältungssymptomen. Ein Hausarzt beurteilt ihre Wirksamkeit.
Veröffentlicht am 5. Februar 2018 - 12:06 Uhr
Sein Berufsleben lang hat Thomas Frey als Hausarzt gearbeitet. Fragt man den Zürcher nach der besten Prävention gegen Erkältungen, ist die Antwort überraschend einfach: sich viel draussen bewegen , Haus oder Wohnung nicht zu stark heizen und wenn möglich in einem ungeheizten Zimmer oder bei offenem Fenster schlafen.
Ganz arm dran sind Menschen in Grossraumbüros: Die Lüftung bläst im Winter relativ trockene Luft hinein. Kein Wunder, fühlt sich die Gesichtshaut nach einem Bürotag an wie Papier, kratzen die Augen, als hätte man Sand drin. Trockene Luft ist ein Steilpass, den Viren nur zu gern in einen Torerfolg ummünzen. Eine trockene Schleimhaut bietet ideale Andock-Bedingungen.
Ob Vitamin C, Zink, Saunagänge oder Kneippen vorbeugend gegen Erkältungen wirken, sei wissenschaftlich gesehen schwach belegt, sagt Frey. Zu viel Vitamin C wird einfach wieder ausgeschieden. «Aber natürlich hilft ein gutes Immunsystem . Gesunde Ernährung und viel Bewegung fördern die Durchblutung von Körper und Schleimhäuten.»
Deshalb seien Spaziergänge und Training im Freien sinnvoll. «Eine totale Versicherung gegen Erkältungsviren bietet allerdings auch das nicht.»
Habe ich eine Grippe oder Erkältung?
Von all dem, was wir beim ersten Halskratzen so tun – heissen Whisky mit Honig und Zitronensaft trinken zum Beispiel –, hält Frey ebenfalls eher wenig. «Auch wenn wir uns mit der Tatsache schwertun: Eine Erkältung dauert mit Medikamenten eine Woche, ohne Medikamente sieben Tage», zitiert er Grossmutters Binsenwahrheit.
Anderseits findet er, der Körper sage einem in solchen Momenten schon, was seine Bedürfnisse sind: Wenn man friert, tut warme Milch mit Honig gut. Hat man das Gefühl, zu verdursten, ist frisch gepresster Orangensaft, der im Gegensatz zum pasteurisierten noch alle Vitamine enthält , eine gute Idee.
Immerhin einem Hausmittel schreibt Frey eine gewisse Wirksamkeit zu: geriebenem Ingwer mit Orangen- oder Zitronensaft. «Die ätherischen Öle und die Schärfe können die Schleimhäute feucht halten und damit beim Kampf gegen Viren helfen.»
Was ist besser, Nase hochziehen oder schnäuzen?
Fast alle vermeintlichen Wundermittel seien bloss Symptombekämpfung, findet Frey. Aber er empfiehlt trotzdem, alles zu machen, was zumindest kurzfristig hilft und die Symptome lindert: «Lästiger Reizhusten, der nach einer Erkältung oft wochenlang anhält, dient nicht der Säuberung und Heilung der Schleimhäute. Deshalb soll man ihn möglichst unterdrücken.» Durch das ständige Husten entstehen kleine Verletzungen in Kehlkopf und Rachen, die den Hustenreiz erst recht fördern.
Sinnvoll ist also alles, was vom Husten ablenkt oder den Rachen «schmiert»: bei Hustenreiz sofort einen Schluck eiskaltes Wasser trinken, um sich abzulenken. Oder sich mit der zurückgefalteten Zunge selber am Gaumen kitzeln. Auch Kaugummi kauen hilft: «Besser als Hustenbonbons», sagt Thomas Frey. Er empfiehlt einen hausgemachten Hustensirup: «Eine Zwiebel klein schneiden, in ein Konfiglas geben, mit Honig bedecken und über Nacht stehen lassen. Schmeckt viel weniger eklig, als es klingt, und die dabei entstehenden Schwefelverbindungen lindern den Hustenreiz .»