Hormone beeinflussen unseren Alltag und prägen unsere Persönlichkeit. Das gilt auch für Männer. Denn Testosteron, das männliche Sexualhormon, hat es in sich. Wenn nicht genug vorhanden ist, kann das die Erektion stören und die Libido schwinden lassen. Männer können sich schlapp fühlen, sie legen Gewicht zu, die Muskelmasse nimmt ab, sich konzentrieren wird schwierig, es kann zu Aggression, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen kommen.

Immerhin: Männer können sich auf einen wesentlich stabileren Hormonhaushalt verlassen als Frauen. Doch auch sie durchlaufen einen Zyklus. Er dauert aber keine 28 Tage, sondern gerade mal 24 Stunden. Zwischen 6 und 10 Uhr morgens sind die Testosteronwerte im Blut 20 bis 40 Prozent höher als zwischen 17 und 21 Uhr. Bevor es ins Bett geht, ist der Hormonstand auf dem Tiefpunkt. «Welchen Einfluss diese täglichen Schwankungen des Hormonspiegels haben, ist nicht vollständig geklärt. Man vermutet aber, dass sie keine grossen Auswirkungen haben», sagt Urologe Ulrich Wetterauer, Senior Consultant am Unispital Basel.

Mythos «Andropause»

Die Menopause bringt die Hormonproduktion der Frau beinahe zum Stillstand. Die «Andropause» aber, oft zitiertes männliches Pendant zum Klimakterium, ist ein Mythos. Denn der Hormonspiegel sinkt beim Mann nicht abrupt und nicht vollständig. «Die Testosteronwerte können zwar schon bei Männern ab 30 allmählich zu sinken beginnen, allerdings im Schnitt nur um etwa ein Prozent pro Jahr», erklärt Roger Schneiter, Oberarzt der Klinik für Endokrinologie am Unispital Zürich. Erst wenn der Spiegel einen Grenzwert unterschreitet, ist von Testosteronmangel die Rede. Von einer Erkrankung spricht man wiederum erst, wenn der Betroffene Symptome entwickelt, unter denen er leidet.

Tatsächlich wird nur bei fünf bis zehn Prozent der Männer zwischen 40 und 79 Jahren ein echter Testosteronmangel festgestellt. Dann können Hormontherapien sinnvoll sein. Medizinisch sind sie immer notwendig, wenn ein Verlust der Hoden, erbliche Erkrankungen oder Störungen der Hirnanhangdrüse vorliegen.

Wer profitiert tatsächlich?

«Bei einem Testosteronmangel sollte man das Hormon unbedingt ersetzen», sagt Urologe Wetterauer vom Unispital Basel. Die Angst, dass sich dadurch das Risiko für Prostatakrebs Prostatakrebs Das Leiden der Männer erhöhe, sei unbegründet. «Das Umgekehrte ist der Fall. Männer mit niedrigem Testosteronspiegel entwickeln eher aggressiven Prostatakrebs.» Bis heute ist allerdings unklar, ob auch ältere Männer mit tiefen Testosteronwerten ohne klare Ursache von einer Ersatztherapie längerfristig profitieren würden. «Es braucht grosse Langzeitstudien, um zu sehen, ob eine Testosterongabe bei älteren Männern mehr Vor- oder Nachteile bringt – es scheint weiterhin eine gewisse Skepsis angebracht», erklärt Roger Schneiter.

Meist sind es allerdings äussere Umstände, die ein Absinken des Sexualhormons begünstigen: ein ungesunder Lebensstil, der zu einem erhöhten Bauchumfang, einem Typ-2-Diabetes, erhöhten Cholesterinwerten oder Bluthochdruck führt. «Viele Männer möchten es nicht hören, aber es gibt keine Naturprodukte, die helfen, den Hormonspiegel konstant zu halten. Das muss Mann schon selber machen», erklärt Urologe Wetterauer. 

Endokrinologe Schneiter bestätigt: «Der Mann hat bessere Testosteronwerte, wenn er auf drei Dinge achtet: gesundes Körpergewicht, regelmässige körperliche Aktivität und gesunde Ernährung.» Von einer Einnahme «irgendwelcher Booster», von Vitaminen oder sonstigen Supplementen rät er klar ab. «Es gibt keine Beweise, dass die nützen.» 

Tipps: So kann man den Testosteronspiegel positiv beeinflussen
  • Gesundes Gewicht
    Jeder zweite Mann mit Übergewicht leidet unter Testosteronmangel. Starkes Übergewicht mit einem Bauchumfang von mehr als 102 Zentimetern ist ein Risikofaktor. 
     
  • Kraftsport
    20 bis 30 Minuten Muskeltraining jeden zweiten Tag können den Testosteronspiegel um 20 bis 30 Prozent erhöhen.
     
  • Stress abbauen
    Das Stresshormon Cortisol ist der Feind des Testosterons. Wer ständig unter körperlicher und psychischer Anspannung Stress und Körpersymptome Körper im Alarmzustand leidet, schadet längerfristig auch dem Testosteronhaushalt. 
     
  • Medikamentencheck
    Mittel wie Opioide oder Anabolika können den Testosteronspiegel im schlimmsten Fall halbieren.
     
  • Ursachenbekämpfung
    Männer mit Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und erhöhtem Cholesterin leiden bis zu 50 Prozent häufiger an Testosteronmangel. Es lohnt sich, die Ursache statt die Symptome zu bekämpfen.
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