Frau Stalder, der Konsumentenschutz hat kürzlich bei der Lauterkeitskommission (SLK) zwei Etappensiege in Sachen Greenwashing errungen. Worum ging es genau?
Wir haben eine Beschwerde gegen den Winterthurer Heizölanbieter Kübler eingereicht, der behauptet hat, sein Heizöl sei klimaneutral. Im zweiten Fall behauptete der deutsche Babynahrungshersteller Hipp: «Unsere Gläschen sind klimapositiv.» Beide Beschwerden wurden gutgeheissen, weil die Anbieter diese Werbeversprechen nicht beweisen können.


Heizöl und Babybrei – das sind zwei sehr unterschiedliche Produkte. Bleibt es bei diesen beiden Beschwerden?
Nein, neun weitere Beschwerden von uns sind noch wegen unlauterer Werbung beim Seco, dem Staatssekretariat für Wirtschaft, hängig, etwa gegen Coca-Cola, den Autovermieter Avis, die Swisscom und den Zoo Zürich.


Bei welchem dieser Fälle scheint Ihnen der klimafreundliche Claim besonders befremdlich?
Eigentlich bei allen. Aber bei Elite Flights ist das Werbeversprechen besonders absurd. Das Unternehmen bietet «klimaneutrale» Helikopterflüge zu Freizeitzwecken an, also Alpenrundflüge mit Gletscherlandung. Das ist nun wirklich nicht klimaneutral!


Sind Sie zufrieden mit dem Entscheid der Lauterkeitskommission?
Ja. Die beiden Fälle haben Präzedenzcharakter. Die SLK bestätigt, dass Werbung mit Klimaneutralität irreführend ist, solange keine einheitlichen Regelungen gelten. Werbeclaims wie «klimaneutral», «CO₂-neutral» oder «klimapositiv» sind somit irreführend. Selbst mit einem entsprechenden Label betreiben Unternehmen Greenwashing, weil auch für die Labels keine einheitlichen Regeln bestehen.


Was geschieht, wenn sich Hipp und Kübler Heizöl weigern, auf die Klima-Claims zu verzichten?
Die Lauterkeitskommission kann keine Sanktionen verhängen. Deshalb haben wir auch Beschwerden beim Seco eingereicht. Wir erwarten, dass es die beiden Firmen im Ernstfall aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verklagt.


Heisst das, dass Claims wie «klimaneutral» und «klimapositiv» jetzt verboten sind?
Leider nein. Das Problem ist, dass in der Schweiz entsprechende gesetzliche Vorgaben fehlen. Bedauerlicherweise will der Bundesrat bislang nur im Finanzbereich eine Regulierung von «Green Claims» vorantreiben. Anlagevehikel sollen nur dann mit Klimavorzügen beworben werden dürfen, wenn diese auch bewiesen werden können. Allerdings möchte der Bundesrat dabei auf das Feigenblatt Selbstregulierung setzen. Unserer Ansicht nach braucht es in allen Bereichen eine gesetzliche Regelung, um unzulässiges Greenwashing zu verbieten.


In welchen Branchen besteht Ihrer Meinung nach besonderer Handlungsbedarf?
Alle Branchen sind betroffen. Vordringlich ist das Problem bei Alltagsgütern wie Ernährung, Kleidung, Reisen und Mobilität.


Wäre es eine Lösung, das bereits bestehende EU-Recht zu übernehmen?
Klar ist, dass ein rechtlicher Alleingang ein Unsinn wäre. Wir müssen eine einheitliche Lösung anstreben.