Eine Lacoste-Umhängetasche für Damen für 110 Franken – die kann Ernst Vecchi nicht gebrauchen. Er ist 93, fast blind und verlässt seine Wohnung in Zürich-Seebach nur noch selten. Online geshoppt hat er noch nie; er besitzt weder Smartphone noch Computer. Trotzdem landen Zalando-Pakete bei ihm, manchmal mehrere pro Woche. 

Bestellerin ist eine fiktive Eliane Vecchi. «Wir vermuten, dass eine Frau aus der Siedlung dahintersteckt», sagt Sohn Peter Vecchi. Die meisten Pakete kann sie abfangen. Weil die Post per Mail informiert, wisse sie genau, wann geliefert wird. Ernst Vecchi bekommt lediglich die Mahnungen – sie belaufen sich auf Hunderte Franken. Die Rechtslage ist einfach: Ernst Vecchi schuldet nichts, er hat ja nichts bestellt. Strafbar macht sich nur die Bestellerin.

Zalando will nicht sagen, wie oft es zu solchem Diebstahl und Betrug kommt – «aus Sicherheitsgründen und um Betrügern keinen Vorsprung zu ermöglichen». Man verbessere das Datensicherheitssystem laufend, um Betrug frühzeitig zu erkennen. Zalando habe inzwischen das Kundenkonto von «Eliane Vecchi» gelöscht. 

Was nun?

Ernst Vecchi müsse die Pakete zurückschicken oder der Polizei übergeben, sonst mache er sich der unrechtmässigen Aneignung schuldig – so Zalando. Doch das ist falsch; denn Ernst Vecchi will sich nicht bereichern und muss nichts zurückschicken. Es reicht, wenn er die Pakete sofort zurückgibt, wenn Zalando sie abholen will oder die Behörden sie verlangen.

Inzwischen hat Peter Vecchi Strafanzeige eingereicht. Über die Internetprotokoll-Adresse könnte die Polizei den Computer identifizieren, über den die Bestellungen getätigt wurden, und damit vielleicht die Betrügerin.  Dass Ernst Vecchi nichts zu befürchten hat, ist ihm ein schwacher Trost. «Die Sache belastet meinen Vater sehr», sagt Sohn Peter. «Er fragt mich immer wieder: ‹Wer tut mir das nur an, ist das nicht einfach gemein?›»

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