«Täglich haben wir bis zu zehn Anrufe von Hauseigentümern, die wissen wollen, ob die Betreibungsregisterauszüge echt sind», sagt Yves de Mestral vom Betreibungsamt des Stadtzürcher Kreis 3. Er ist Präsident der Konferenz der Stadtammänner und Stadtamtsfrauen von Zürich und weiss Bescheid, wie viel mit diesen Dokumenten getrickst wird.

«Es ist naheliegend. Eine Wohnung findet man nicht ohne sauberen Auszug, und mit Photoshop ist heute vieles möglich», sagt er. Wie viele gefälschte Betreibungsauszüge im Umlauf sind, kann er nicht sagen, er geht aber von einer hohen Dunkelziffer aus. 

Helfen soll nun eine App, die Forscherinnen und Forscher der ETH in Zusammenarbeit mit den Informatikdiensten der Stadt Zürich entwickelt haben. Thenti heisst sie und soll Fälschungen entlarven. Seit wenigen Tagen ist ein QR-Code auf den Zürcher Betreibungsauszügen aufgedruckt. Scannen Hauseigentümer oder Vermieterinnen das Papier mit der Thenti-App, checkt diese ab, ob das physische Dokument mit dem auf einem Server verschlüsselt hinterlegten Original übereinstimmt und damit echt ist. 

Entlastung für Behörden und Vermieterinnen

Yves de Mestral verspricht sich viel davon: «Ich bin überzeugt, dass die App solche Betrugsversuche weitgehend aufdeckt und allein der QR-Code eine präventive Wirkung entfaltet. Das entlastet uns und die Vermieter gleichermassen.» 

Auch der Hauseigentümerverband (HEV) begrüsst solche Initiativen. Katja Stieghorst, Juristin beim Verband, hat ebenfalls oft Anfragen zur Echtheit von Betreibungsauszügen. «Vor allem in Gebieten mit umkämpftem Wohnungsmarkt ist das ein grösseres Problem. Eigentümer, die selbst die Verwaltung machen, fallen dabei besonders leicht auf Fälschungen rein.»

Dazu komme noch eine weitere Schwierigkeit: «Heute gibt es etliche verschiedene Betreibungsauszüge in der Schweiz, und ich kann problemlos von einer Stadt, in der ich nie gewohnt habe, einen sauberen bestellen und dem Vermieter einreichen. Es wird nicht überall geprüft, ob die Person dort überhaupt wohnt.» 

Die ETH-Forscher rennen mit ihrer neuen App offene Türen ein. «Wir haben heute generell in der Gesellschaft ein grosses Problem mit der Authentizität. Für die Überprüfung von physischen Dokumenten fehlt es bisher an guten Möglichkeiten», sagt David Basin, Mitentwickler und Professor für Informationssicherheit an der ETH. 

Auch Konsumprodukte auf Echtheit prüfen

Die App soll aber auch andere Fälschungen aufdecken können. Sie sei grundsätzlich bei allen Arten von Dokumenten einsetzbar, etwa für die Prüfung von Diplomen, Zeugnissen oder amtlichen Papieren, sagt Basin.

Die Forscher wollen mit Thenti aber auch dreidimensionale Dinge wie Luxusuhren auf deren Echtheit überprüfen können. «Technologisch haben wir das schon im Griff, uns fehlen momentan noch die Partner für Projekte», sagt Basin. Denn die Hersteller der Produkte müssen selbst auf einem Server die Modelle und Daten hinterlegen, damit die App weiss, was das Original ist, mit dem sie vergleichen soll, was sie scannt.

Die App könne auch für Konsumenten wertvoll sein, sagt Basin. «Wenn man etwas Teures kauft, will man ja sicher sein, dass es echt ist.»