Der Ständerat hat eine Kommissionsmotion angenommen, die rassistische und nationalsozialistische Symbole wie das Hakenkreuz verbieten will. Damit zeichnet sich ein Kurswechsel in der Anwendung der Anti-Rassismus-Strafnorm ab.

Was ist heute bereits verboten?

Laut Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs (Anti-Rassismus-Strafnorm) macht sich strafbar, wer Nazisymbolik nutzt, um für eine Ideologie zu werben und sie zu verbreiten. Wer lediglich die eigene nationalsozialistische Gesinnung bekundet, kann nicht bestraft werden. Das stellte unter anderem das Bundesgericht 2014 in einem Urteil fest. Es sprach einen rechtsextremen Teilnehmer einer Veranstaltung auf dem Rütli frei, der den Hitlergruss gezeigt hatte. 

Was will man jetzt daran ändern?

Das neue Gesetz will die «öffentliche Verwendung, das öffentliche Tragen, das öffentliche Zeigen sowie das öffentliche Verbreiten» von rassistischen, gewaltverherrlichenden Symbolen unter Strafe stellen. 

Gab es schon andere Vorstösse?

Im Parlament wurden schon mehrere Vorstösse behandelt, die nationalsozialistische Symbole verbieten wollten. Der Bundesrat argumentierte jedoch jeweils, das geltende Gesetz greife in vielen Fällen schon heute und er wolle zukünftig mehr auf Prävention als auf Repression setzen.

Warum will man jetzt trotzdem Änderungen?

Seit einiger Zeit scheint sich ein Kurswechsel abzuzeichnen. Nach dem Beginn der Pandemie kam es zu einer Häufung antisemitischer Vorfälle. Zuletzt hat der Nationalrat darum eine Motion, die ein Verbot von Hakenkreuzen verlangt, angenommen. Der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats ging diese aber zu wenig weit. Sie machte deshalb einen eigenen Vorschlag. Er sieht vor, dass auch andere rassendiskriminierende, extremistische und gewaltverherrlichende Symbole verboten werden. Diese Kommissionsmotion wurde am Mittwoch vom Ständerat angenommen.

Was würde sich konkret ändern?

«Neu könnten zum Beispiel Sprayereien von Hakenkreuzen nicht nur wegen Sachbeschädigung, sondern auch wegen Zeigens des Symbols bestraft werden», sagt Norina Meyer vom Beobachter-Beratungszentrum. Demonstrierende, die Corona-Massnahmen mit dem Naziregime vergleichen und dafür Hakenkreuze nutzen oder Hitlergrüsse zeigen, machten sich strafbar. Oder bestraft könnte werden, wer sich für eine Kostümparty als Nazi verkleidet und in der Öffentlichkeit auftritt.

«Allgemein gilt: Es wird unterschieden zwischen Privatraum und Öffentlichkeit», sagt Meyer. Wer zu Hause eine Reichsflagge aufhängt oder ein T-Shirt mit einem Hakenkreuz trägt, würde sich auch nach neuem Gesetz nicht strafbar machen. Die Einzelheiten sind aber noch unklar – etwa inwiefern das Verbot auch für Zeitungen, Museen oder Schulen gilt.

Gilt das auch für andere Symbole wie das russische Z oder eine Hamas-Flagge?

Die Motion umfasst alle «rassendiskriminierenden, gewaltverherrlichenden oder extremistischen Zeichen und Symbole». Für welche Symbole das genau gälte, müsste im Gesetz definiert werden oder würde Sache der Rechtsprechung. Gerichte müssten im Einzelfall entscheiden. Auch nicht klar ist, was für weniger eindeutige Symbole wie schwarze Fahnen, Embleme, Bomberjacken, Kampfstiefel oder kurz geschorene Haare gälte.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Motion geht nun in den Nationalrat. Wenn dieser die Motion ebenfalls annimmt, wird der Bundesrat beauftragt, einen genauen Gesetzesartikel auszuarbeiten. Für eine Annahme im Nationalrat spricht, dass er sich bereits im Frühling für die weniger strenge Motion ausgesprochen hat.