Seit der Corona-Pandemie arbeiten viele im Homeoffice und pendeln nicht mehr täglich zur Arbeit. Das sieht man an den Zahlen der Generalabonnemente. Zum Vergleich: 2019 waren noch rund eine halbe Million GA im Umlauf, 2022 nur noch 431’000.

Der Preisüberwacher fordert deshalb neue Abo-Modelle. Mit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2023 werden diese nun eingeführt.

Das Guthaben-Modell:

Die Kundinnen und Kunden kaufen ein bestimmtes ÖV-Guthaben. Dafür erhalten sie einen Bonus. Wer zum Beispiel 1500 Franken bezahlt, erhält zusätzlich einen Bonus von 500 Franken. Mit den insgesamt 2000 Franken können sich SBB-Kunden ihr Billett und ihre Tageskarten kaufen.

Ist das Guthaben nach einem Jahr noch nicht aufgebraucht, erhalten sie das Geld ohne Bonus zurück. Wer also von seinen 2000 Franken Guthaben 1500 Franken ausgibt, erhält nichts zurück. Bei 1400 Franken erhält man 100 Franken retour.

Im Dezember wird dieses Angebot schweizweit eingeführt. Es wird drei Varianten geben: 3000 Franken Guthaben zum Preis von 2100 Franken, 2000 Franken Guthaben zum Preis von 1500 Franken sowie 1000 Franken Guthaben zum Preis von 800 Franken.

Der Konsumentenschutz fordert seit Jahren ein Guthaben-Modell. «Es ist grundsätzlich gut, dass die Abo-Angebote weiterentwickelt werden», sagt Marius Wiher vom Konsumentenschutz. Was er kritisiert: «Es ist sehr schade, dass die neuen Angebote nur digital zugänglich sind.»

Ein weiterer Punkt, der für Wiher nicht nachvollziehbar ist: Das Guthaben ist nur über Easyride einsetzbar, also nur online über die SBB-App, wodurch die Reise aufgezeichnet wird. Ein Sparticket kann man sich mit diesem Modell ebenfalls nicht kaufen.

Das Flexi-Abo:

Mit dem neuen Flexi-Abo kaufen sich die Passagiere eine Anzahl Tage, an denen sie freie Fahrt haben. Die Fahrgäste können diese Tage innerhalb eines Jahres einlösen und somit flexibel reisen. Den Tag können sie über das Swiss-Pass-Konto einfach aktivieren. Vier Westschweizer Verkehrsverbünde haben das Flexi-Abo getestet und werden es mit dem Fahrplanwechsel einführen. Auch in Graubünden und der Zentralschweiz kommt das Abo zum Einsatz.

Das Modell ist bisher aber nur regional anwendbar. Wie viel das Abo genau kostet, ist je nach Verbund unterschiedlich. Für 100 Tage bezahlen Erwachsene ab 25 Jahren bei Engadinmobil für die zweite Klasse 345 Franken für die Zentrumszone. Beim Zentralschweizer Tarifverbund Passepartout bezahlen Erwachsene für 100 Tage in der zweiten Klasse für die Zone 10 449 Franken.

Marius Wiher vom Konsumentenschutz sieht grosses Potenzial in diesem Abo-Modell, denn es sei eine gute Lösung für Pendler. Aber: «Wir verstehen nicht, warum es nur in gewissen Regionen verfügbar ist.»

Das Preis-Capping:

Ein weiteres Modell ist das Preis-Capping, auch Monats-Capping genannt. Es ist nur über die Fairtiq-App buchbar. Wenn man in einem Monat mehr als einen bestimmten Betrag (Monats-Cap) fürs Einzelbillett ausgibt, wird die Differenz als Reiseguthaben für den nächsten Monat gutgeschrieben. Erreicht die Summe innerhalb eines Monats also eine bestimmte Grenze, beispielsweise 100 Franken, wird das, was man mehr bezahlt, gutgeschrieben.

Der Deckelbetrag variiert je nach Zone, ist aber immer höher als der entsprechende Abo-Preis. Dafür bietet das Preis-Capping mehr Flexibilität: Wer beispielsweise zwei Wochen im Ausland Ferien macht, zahlt in dieser Zeit nichts für den öffentlichen Verkehr, weil er ihn nicht nutzt – anders als beim heutigen GA.

Der Tarifverbund A-Welle in den Kantonen Aargau und Solothurn bietet dieses Modell bereits an.

«Das Preis-Capping ist ein guter Schutz für Konsumentinnen und Konsumenten, dass sie nicht zu viel bezahlen», so Marius Wiher vom Konsumentenschutz. Ein revolutionäres Modell sei es jedoch nicht.

Haben SBB und Co. also ihre Hausaufgaben gemacht? Jein, finden sowohl Konsumentenschützer Wiher als auch Edward Weber, Projektleiter beim Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Die Abos berücksichtigten neue Lebensrealitäten wie Homeoffice und Teilzeitarbeit und förderten diese Entwicklungen tendenziell. «Aus Umweltschutzsicht ist dies wünschenswert», so Weber.

Die Abo-Alternativen dürften ausserdem das Mobilitätswachstum weniger stark befeuern als herkömmliche Abonnemente wie etwa das GA. «Bei diesen wird einem kein Geld zurückerstattet, wenn weniger gefahren wird», sagt Weber.

Aber die Abo-Alternativen hätten auch Nachteile: «Der mit Abstand schlechteste Aspekt der Abo-Alternativen ist, dass sie sämtliche Personen ausschliessen, die nicht digital im öffentlichen Verkehr unterwegs sein wollen.» Die Betreiber des öffentlichen Verkehrs müssen laut Weber die freie Wahl des Zahlungsmittels garantieren.

Ein weiterer Punkt: «Die ÖV-Branche hat von der Politik eigentlich den Auftrag erhalten, das Tarifsystem zu vereinfachen. Stattdessen wird mit diesen Angeboten der Wildwuchs beim Sortiment noch mehr gefördert.»

Personen, die den ÖV eher selten nutzen, hätten schon bisher Mühe gehabt, sich im immer unübersichtlicheren Sortiment zurechtzufinden. «Nun wird dies noch schwieriger.»